Ermittlungen laufen weiter

700 Einsatzkräfte bewältigen Zugunglück bei Riedlingen

Riedlingen (BW) – Vier Tage nach dem schweren Zugunglück im Landkreis Biberach haben die Einsatzkräfte die aufwendige Bergung der entgleisten Zugteile abgeschlossen, die Ermittlungen laufen weiter. Am Sonntagabend, 27. Juli, war ein Regionalexpress auf der Donautalbahn zwischen Riedlingen und Munderkingen entgleist, nachdem ein durch Starkregen überlaufender Abwasserschacht einen Erdrutsch ausgelöst hatte. Drei Menschen starben, zahlreiche weitere wurden verletzt.

Feuerwehr steigt in verunglückten Zug
An der Unfallstelle: Kräfte der Feuerwehr Ettlingen steigen mit einer Leiter in einen der entgleisten Waggons. Foto: 7aktuell.de | Adomat

Feuerwehr reagiert sofort

Bereits wegen des Starkregens im Einsatz, konnte die Feuerwehr Riedlingen-Bechingen schnell auf das Unglück reagieren. „Wir hatten den Vorteil, dass Einsatzkräfte unmittelbar vor Ort waren“, erzählte Kreisbrandmeisterin Charlotte Ziller. Binnen weniger Minuten trafen weitere Kräfte aus der Region ein. Insgesamt waren rund 700 Einsatzkräfte von Feuerwehr, Rettungsdienst, THW und Polizei vor Ort. Zu Spitzenzeiten befanden sich etwa 120 Feuerwehrleute im Einsatz.

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Auch der Ortsverein Riedlingen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) ist kurz nach dem Alarm mit Einsatz- und Schnelleinsatzgruppen eingetroffen. Die Einsatzkräfte übernahmen die Erstversorgung der Verletzten und später die Verpflegung der Helfenden. Die Schnelleinsatzgruppe Information und Kommunikation (IuK) koordinierte die eingesetzten DRK- und Rettungseinheiten. Zwei Mitglieder der Drohnenstaffel unterstützten die Einsatzleitung mit Luftaufnahmen und einer Wärmebildkamera, um das Umfeld der Unfallstelle abzusuchen.

Fünf Rettungshubschrauber, darunter ein Helikopter der Schweizer Rettungsflugwacht Rega, flogen Schwerverletzte in Kliniken bis nach Stuttgart und Reutlingen. Für Betroffene, Angehörige und Einsatzkräfte stand psychosoziale Notfallbetreuung bereit. Eine Anlaufstelle für Angehörige richtete man im Bürgerzentrum Daugendorf ein.

Korrektur der Passagier- und Verletztenzahlen

Zunächst war die Polizei von etwa 100 Passagierinnen und Passagieren ausgegangen. Jetzt hätten die Ermittlungen ergeben, dass sich nur rund 50 Menschen im Zug befunden hätten – so schrieb es die Polizei am Dienstag. Auch die Zahl der Verletzten wurde nach unten korrigiert: Statt 41 waren es laut Behördenangaben insgesamt 36 Verletzte, darunter zwei Kinder im Alter von sieben und 13 Jahren. Drei Menschen starben – der 32-jährige Lokführer, ein 36-jähriger Bahn-Auszubildender sowie eine 70-jährige Passagierin. Einige Verletzte konnten mittlerweile die Krankenhäuser verlassen, andere befinden sich weiterhin in Behandlung.

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Unfallursache: Überlaufender Abwasserschacht und Starkregen

Nach bisherigem Ermittlungsstand war das Kanalsystem im Bereich der Böschung überlastet, wodurch Wassermassen Erdreich und Geröll auf die eingleisige Strecke spülten. Der Deutsche Wetterdienst hatte für den Unglückstag bis zu 50 Millimeter Niederschlag innerhalb einer Stunde gemessen. Ein mit Gras überwachsener Abwasserschacht, etwa 50 Meter oberhalb der Strecke, konnte die Regenmengen offenbar nicht aufnehmen. Die Wassermassen liefen stattdessen über die Oberfläche ab und unterspülten die Böschung – was letztlich zum Erdrutsch und zur Entgleisung führte.

Ermittlungsstand und geologisches Gutachten

Die Polizei Ulm und die Bundespolizei führen die Ermittlungen gemeinsam. Ein geologisches Gutachten soll klären, ob bauliche oder geologische Mängel den Hangrutsch begünstigt haben. Der Fahrtenschreiber wurde am Tag nach dem Unglück geborgen. Die Auswertung steht noch aus, soll aber unter anderem Aufschluss über Geschwindigkeit und Reaktionszeit geben. Nach ersten Informationen fuhr der Zug mit etwa 80 km/h – erlaubt sind an der Stelle bis zu 120 km/h. Ein Todesermittlungsverfahren wurde eingeleitet, Hinweise auf Fremdeinwirkung liegen laut Polizei nicht vor.

Trümmer des verunglückten Zuges
Schwere Schäden nach der Entgleisung: Die Waggons des Regionalexpress wurden durch den Erdrutsch und den anschließenden Aufprall stark deformiert. Ein aus Leipzig herangeschaffter Kran war nötig, um die verkeilten Zugteile aus dem unwegsamen Gelände zu bergen. Foto: Schütte

Bergung in unwegsamem Gelände

Die Bergung der verkeilten Waggons stellte Feuerwehr und Technisches Hilfswerk vor große Herausforderungen. Erst nach dem Aufschütten eines stabilen Kiesplateaus konnte ein aus Leipzig herangeschaffter Kran die Trümmer heben. Die Arbeiten begannen am Montagnachmittag und zogen sich bis Dienstagmittag. Zuvor mussten die Einsatzkräfte Zugänge freischneiden und Fahrzeugteile entfernen, um Verletzte zu retten und Todesopfer zu bergen. Auch der Fahrtenschreiber des Zuges wurde sichergestellt. Während der Bergungs- und auch Aufräumarbeiten stellte das DRK bis Mittwochabend die sanitätsdienstliche Absicherung sicher.

Bahnstrecke bleibt gesperrt

Die Donautalbahn bleibt auf dem Abschnitt zwischen Munderkingen und Herbertingen bis auf Weiteres gesperrt. Nachdem die letzten Zugteile entfernt wurden, prüfen Expertenteams nun das Gleisbett auf Schäden. Ein Schienenersatzverkehr mit Bussen wurde eingerichtet, der leicht beschädigte letzte Wagen über eine provisorisch instand gesetzte Strecke abtransportiert.

Ausblick: Prävention vor Unwetterrisiken

Geologen weisen darauf hin, dass infolge des Klimawandels mit häufigeren Hangrutschen auch an bislang unauffälligen Stellen gerechnet werden müsse. Das betroffene Gebiet im Donautal besteht laut Fachleuten teils aus lockeren Gletscherablagerungen auf rutschgefährdetem Untergrund. Die Deutsche Bahn kündigte an, ihre Infrastruktur stärker gegen Extremwetter zu wappnen. Dazu sollen unter anderem technische Frühwarnsysteme und die Überprüfung von Gefahrenstellen entlang der Strecken gehören.

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Die Bundeswehr war entgegen dieses Berichts zu keiner Zeit im Einsatz. Im Zug waren uniformierte Bundeswehrangehörige als Passagiere, die nach der Rettung / Betreuung von anderen Angehörigen der Bundeswehr an der Einsatzstelle abgeholt wurden. Die in den Medien kursierenden Bilder mit Angehörigen der Bundeswehr vermitteln hier ein falsches Bild.

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