Fachempfehlung für Feuerwehren
Neue DFV-Fachempfehlung: Munitionstransporte sicher beurteilen
Berlin – Wegen zunehmender Transporte militärischer Güter im öffentlichen Verkehrsraum hat der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft der Leiterinnen und Leiter der Berufsfeuerwehren (AGBF Bund) eine neue Fachempfehlung herausgegeben. Sie beschreibt die Gefahren und Herausforderungen für Feuerwehren bei Einsätzen mit Munitionstransporten.
(Bild: Michael Rueffer)
Mit dem Ende des Kalten Krieges verschwanden Transporte mit militärischer Munition weitgehend aus dem Bewusstsein vieler Feuerwehren. Doch durch die veränderte Sicherheitslage in Europa werden wieder verstärkt militärische Güter im öffentlichen Verkehrsraum befördert – per Straße, Schiene, Binnenwasser oder Luft.
Um Einsatzkräfte auf mögliche Szenarien vorzubereiten, hat der Fachausschuss „Einsatz und Taktik der deutschen Feuerwehren“ die Fachempfehlung Nr. DFV-FE-90-2025 erarbeitet. Sie richtet sich ausdrücklich an Führungskräfte und Mannschaften aller Feuerwehrarten. Das Papier bezieht sich ausschließlich auf konventionelle Munition in Friedenszeiten.
Transport und Gefahrenpotential
Konventionelle Munition ist immer Gefahrgut – und kann im Ereignisfall erhebliche Druck-, Splitter- und Brandwirkungen entfalten. Die Fachempfehlung beschreibt, auf welchen Wegen Munition transportiert wird und welche rechtlichen Grundlagen gelten. Dazu zählen die Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB) sowie internationale Regelwerke wie ADR, RID und ADN.
Bei den Transportbehältnissen gilt der Grundsatz: Je gefährlicher der Inhalt, desto robuster die Verpackung. Kleinmunition wird in gekennzeichneten Transportkisten befördert, großkalibrige Geschosse in speziell gesicherten Einzelbehältern oder Transport- und Lagerbehältern (TuLB).
Klassifizierung nach ADR
Das Paper führt außerdem detailliert auf, wie Munition in der Gefahrgutklasse 1 klassifiziert wird:
- 1.1: massenexplosionsfähig
- 1.2: Splittergefahr
- 1.3: Feuergefahr mit Strahlungswärme
- 1.4: geringe Explosionsgefahr (nur Versandstück betroffen)
- 1.5: unempfindliche massenexplosionsfähige Gegenstände
- 1.6: extrem unempfindliche Stoffe
Ergänzt wird diese Einteilung durch sogenannte Verträglichkeitsgruppen, die Hinweise geben, welche Explosivstoffe gemeinsam befördert werden dürfen. Diese Informationen werden auf den orangefarbenen Gefahrzetteln (Placards) am Transportmittel angegeben. Da Munition auch andere gefährliche Stoffe enthalten kann, etwa roten oder weißen Phosphor, sind gegebenenfalls zusätzliche Kennzeichnungen der Klassen 6 (giftig) oder 8 (ätzend) erforderlich.
Kennzeichnung und Dokumentation
Fahrzeuge, die Munition transportieren, müssen von außen eindeutig erkennbar sein:
- orangefarbene Warntafeln vorn und hinten,
- Gefahrzettel an den Seiten und am Heck,
- Transportdokumente mit UN-Nummer und Klassifizierungscode.
Neu ist laut Fachempfehlung, dass diese Daten zunehmend auch digital vorliegen. Feuerwehren und Leitstellen können über den sogenannten TP1-Zugang elektronische Ladepapiere abrufen, mit Angaben zu Fahrzeug, Bahnwagen oder Container.
Verhalten im Einsatz
Besonderen Wert legt die Fachempfehlung auf das sichere Vorgehen bei Zwischenfällen oder Unfällen. Einsatzkräfte sollen zunächst die Lage sorgfältig erkunden und dann abgestuft reagieren:
- Erkundung: Sicherheitsabstand mindestens 50 Meter
- Bei bestätigter Munition: 500 Meter (mit Deckung) bzw. 1000 Meter (ohne Deckung)
- Absperrbereich: mindestens 1000 Meter
Grundsätzlich gilt die GAMS-Regel: Gefahr erkennen – Absichern – Menschenrettung unter Eigenschutz – Spezialkräfte alarmieren.
Da Munition häufig mehrere Gefahrstoffe kombiniert (z. B. Phosphor-Anteile), rät der DFV, Fachberater wie Gefahrgutexperten, Kampfmittelräumdienste oder Bundeswehr-Spezialisten frühzeitig einzubinden. Zur Lagebeurteilung können Nachschlagewerke oder Apps wie das Einsatzleiterwiki herangezogen werden.
Ziel: Bewusstsein und Routine schaffen
„Konventionelle Munition ist immer ein Gefahrgut. Das richtige Bewusstsein darüber und die wichtigen einsatztaktischen Überlegungen lassen einen möglichen Einsatz routinierter handhaben“, betont Stephan Peltzer, Mitglied des Fachausschusses und Autor der Empfehlung. Das Dokument schließt mit Verweisen auf die FwDV 3, 100 und 500 sowie auf das OSZE-Praxishandbuch Munitionstransport.
>> Die vollständige Fachempfehlung steht online zum Download bereit.
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