Erste Erkenntnisse nach Crash-Tests mit E-Autos

Wie gefährdet sind Feuerwehrleute nach Unfällen von Elektro-Pkw?

Neumünster (SH) – Sind bei Unfällen mit Elektrofahrzeugen Feuerwehrleute extrem gefährdet? Die Wracks geraten schnell in Brand und stehen womöglich unter Spannung, heißt es. Doch stimmt das wirklich? Das Institut für Verkehrsunfallforschung der Universitätsmedizin Göttingen und die Dekra Unfallforschung haben es anhand von Crash-Versuchen überprüft. Die wichtigsten Erkenntnisse dieser ersten Versuchsreihe.

Bei Crash-Tests ließen Unfallforscher der DEKRA und der Uni Göttingen Elektro-Pkw frontal und seitlich gegen einen Mast fahren. Die Aufprallgeschwindigkeit betrug zwischen 60 und 84 km/h. Foto: Hegemann
  • Insgesamt haben die Unfallforscher in Neumünster vier Elektrofahrzeuge gecrasht. Es handelte sich dabei um die Modelle Nissan Leaf und Renault Zoe. Diese beiden Modelle gehören aktuell zu den Verkaufsschlagern bei den Elektrofahrzeuge in Europa. Keins der vier gecrashten Elektrofahrzeuge geriet unmittelbar in Brand.
  • Die Fahrzeuge sind so konstruiert, dass bei einem Unfall das Hochvoltnetz automatisch abschaltet. Dies hat in allen vier Fällen funktioniert. Die vorgehenden Kräfte wären also nicht durch Strom gefährdet gewesen. 
  • Erkenntnis Nummer 3: Das 12-Volt-Bordnetz blieb bei drei Fahrzeugen nach den Crashs intakt. Deshalb leuchteten zum Beispiel die Scheinwerfer. Fenster könnten also womöglich noch geöffnet werden, falls die betroffene Tür nicht zu stark beschädigt ist.
  • Nach Abschalten des Hochvoltnetzes kann die Menschenrettung im Prinzip wie bei Fahrzeugen mit herkömmlichen Antrieben durchgeführt werden.
Zur Menschenrettung aus dem Unfallfahrzeug kann die Feuerwehr im Prinzip vorgehen wie bei jedem herkömmlichen Pkw auch. Foto: Hegemann
  • Da keins der Fahrzeuge von selbst in Brand geriet, haben die Forscher mit Absicht einen Kurzschluss herbeigeführt. Erkenntnis daraus: Entstehungsbrände lassen sich mit Kohlendioxid sehr gut bekämpfen, wenn das Akkugehäuse offen ist. Dann kann das CO2 direkt zur Zellkühlung genutzt werden.
Zum Löschen eines Akkubrandes hat sich das Fluten der Speicher in den Versuchen bewährt. Dafür bieten sich Löschlanzen oder Fognails an. Foto: Hegemann
  • Empfehlung: Die Temperaturentwicklung im Akkublock mit der Wärmebildkamera überwachen. Der Akkublock sitzt bei den meisten Fahrzeugen zwischen den Achsen im Unterboden unter den Sitzen. Das entsprechende Rettungsdatenblatt liefert die nötigen Informationen. 

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  • Wenn das Fahrzeug brennt oder die Akkumulatoren ausgasen, nur noch unter Atemschutz vorgehen – wie bei jedem Fahrzeugbrand!

In der Januar-Ausgabe 2020 des Feuerwehr-Magazin stellen wir die Versuchsreihe vor. In unserem Online-Shop könnt ihr das Heft ganz bequem bestellen, als gedruckte Ausgabe oder zum Download.

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Hmm… ohne Spezialist zu sein – aber das Problem wird nicht größer sein, als vom Löschwasser weggespültes Motorenöl, Benzin oder Diesel.

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  2. Was ist in Bezug auf die Wassermengen (Kontaminiertes Trinkwasser) mit zahlreichen Schwermetallen, welches in Kanäle, Bäche, Böden versickern?
    Ist das nicht eine Gefahr für unsere Umwelt?
    Wie gehen wir damit in Zukunft um?

    Bei einer RED-Box muss das kontaminierte Wasser teuer entsorgt werden.

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  3. Die Gefahr, dass etwas nicht funktioniert, ist immer da. Auch bei Airbags. Ein bisschen “Leben am Limit” gehört zum Autofahren dazu 😉

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  4. Wasser leitet Strom und jedes Kabel auch. Es gibt Löschlanzen für Batterien und Kabel für die 15kV Stromleitungen von Zügen, mit denen diese bei Bauarbeiten geerdet werden.

    Ansonsten ist jeder Feuerwehrmann mit dem Umgang von Feuer an Drehstrom (380V~) ausgebildet, was in etwa die gleiche Größenordnung ist.

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  5. Doch, das wurde bereits untersucht und die Informationen gibt es: Das Löschwassers darf problemlos in die Kanalisation eingeleitet werden.

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  6. Ich sehe große Probleme in bezug auf die Wassermengen ( Kontaminiertes Trinkwasser ) mit zahlreichen Schwermetallen, welches in kanäle, Bäche, Boden usw versickern. Ebenso die Entsorgungen usw. Bisher gabs da vom Staat NULL Infos, hauptsache man verkauft fleißig und hinterlässt die Fragen den kleinen Feuerwehren….

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  7. Einige Verbrenner geraten in Städten ohne Unfall in Brand. Wird kaum beachtet ist jedoch hoch gefährlich.
    Stromautos sind sicher und unproblematisch, werden jedoch als sehr gefährlich dargestellt
    Man erkennt den Grund und ist verstimmt.

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  8. Das sollte schon mit einem handelsüblichen Multimeter machbar sein.

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  9. Die Wahrscheinlichkeit, dass Du beim berühren des verunfallten Elektroautos, auf dem Fahrzeugrahmen gegen Erde (Asphaltfläche) die Betriebsspannung der Batterie (200-700Volt) drauf hast, so das Du beim berühren des Fahrzeuges einen gefährlichen Stromschlag bekommen kannst, ist gleich Null. Die Frage ist vielmehr: 1. Wo liegen die Hauptleitungen (2 X 95- 120 mm2)? 2. Sind die Hauptleitungen bedingt durch den Crash an der Isolierung beschädigt? ( Das könnte bedeuten, dass die beim bergen von Personen enstehenden Erschütterungen, einen Kurzschluss erzeugen könnten, dieser dann im ungünstigsten Fall, das von anderen unfallbeteiligten Fahrzeugen auslaufende Benzin entzünden, oder das bereits auf dem Abschleppwagen befindliche Fahrzeug in Brand setzen). 3.Ob, oder ab wann kann ich mit leitfähigen Löschmitteln überhaupt arbeiten?4. Wenn das Fahrzeug beschädigt ist, die Insassen aber unverletzt ausgestiegen sind, schaue ich mir das Fahrzeug überhaupt an, um dann festzustellen, dass ich es mit einem Elektroauto zu tun habe, wenn ich mich vorzugsweise um die anderen unfallbeteiligten Fahrzeuge kümmern muß?

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  10. Eine Elektrische Messung bzw. das sogenannte Freimessen (ob elektrische Spannung vorhanden ist) darf nur durch eine Elektrofachkraft durchgeführt werden. Ist nicht unbedingt bei jedem Einsatz dabei. Also primär mal eine Personal-Fachkraft-Frage. Entsprechende Meßgeräte gibt es natürlich.

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  11. Das bei allen 4 Fahrzeugen das Hochvoltnetz abgeschaltet hat, ist doch schon mal vielversprechend. Dennoch bleibt ja die (geringe) Restgefahr, das das vielleicht einmal doch nicht so sein wird (es fahren ja immer mehr E-Autos rum und damit steigt auch das Potential auf die Ausnahme).

    DAHER MEINE FRAGE (ich bin kein Elektriker):
    Gibt es irgend ein Hilfsmittel/Gerät, welches man einfach an das Auto (dessen elektrischen Leiter) dran hält und somit eine mögliche Hochvoltspannung feststellen kann, ohne sich selbst zu gefährden?
    Oder ist es denkbar, so etwas zu entwickeln?

    Vielleicht weiß da ja jemand mehr

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