Meine erste Interschutz - Zeitzeugen erinnern sich

1980 Hannover: Mehr Feuerwehr in einer Woche geht kaum

Hannover – Im Jahr 1980 fand vom 7. Juni bis zum 15. Juni die Interschutz erstmals in Hannover statt. Zeitgleich veranstaltete der Deutsche Feuerwehrverband den 25. Deutschen Feuerwehrtag in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Und die Berufsfeuerwehr Hannover feierte das 100-jährige Bestehen. Mittendrin: Matthias Ludwig. 

Im Juni 1980 drehte sich in Hannover eine Woche alles nur um die Feuerwehr. Zeitgleich fanden der 25. Deutsche Feuerwehrtag und die Interschutz an der Leine statt. Und die BF Hannover feierte in der Woche ihr 100-jähriges Bestehen. Foto: Feuerwehrmuseum Hannover

Ich arbeitete damals als Rettungsdienstleiter bei den Johannitern in Hannover. Wir waren in der Zeit mit zehn bis 15 Fahrzeugen in den Rettungsdienst der niedersächsischen Landeshauptstadt eingebunden. Der Großteil der Flotte bestand aus den so genannten Hochlang-Krankentransportwagen von Miesen. Wir hatten aber auch schon erste Rettungswagen auf VW LT und Mercedes-Fahrgestellen (Typ 408 und 609) im Einsatz.

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1980 war ich erstmals für den Johanniter-Stand auf der Interschutz verantwortlich. Wir waren in der Halle 5 platziert. Die Standcrew bestand immer aus sieben bis acht Leuten. Die heiße Phase der Interschutz dauerte genau 3 Wochen: eine Woche Aufbau, eine Woche Messe und eine Woche Abbau. Echt Stress, aber unheimlich schön. Die Zeit und die Erfahrungen möchte ich nicht missen.

Plan des Messegeländes in Hannover aus dem Jahr 1980. Die Johanniter waren in Halle 5 vertreten. Tatsächlich gibt es inzwischen fast keins der hier dargestellten Gebäude mehr in der damaligen Form. Plan: Feuerwehrmuseum Hannover

In meiner Funktion arbeitete ich sehr eng mit der Feuerwehr Hannover, der Deutschen Messe AG und den anderen Hilfsorganisationen zusammen. Damals wurde der Grundstein für viele bis heute andauernde Freundschaften gelegt. Zu Rolf-Dieter Bräunig, den damaligen Feuerwehrchef in Hannover Interschutz-Koordinator der vfdb, pflege ich bis heute einen engen Kontrakt.   

Wir setzten damals als eine der ersten Organisationen in Deutschland im Rettungsdienst die so genannten Ami-Tragen ein. Diese Tragen besaßen bereits Rollen, wodurch die Kräfte enorm entlastet wurden. Aber sie entsprachen nicht der deutschen DIN – und so gab es viele Kritiker. Wir haben deshalb teilweise hitzigste Diskussionen bei uns am Stand geführt. Gemeinsam mit der Firma Ferno präsentierten die Johanniter damals auch die erste Roll-In-Trage. Die Räder klappten beim Verladen in das Rettungsmittel automatisch ein. Heute Standard, damals eine Weltsensation. Wir zeigten das Prinzip an einem Hochlang-Krankentransportwagen mit Miesen-Aufbau auf einem Mercedes W123.

Gemeinsam mit der Firma Ferno präsentierten die Johanniter damals die Rolltrage vom Typ 19. In der Halle gab es für die Besucher dann auch die erste Roll-In-Trage zu bestaunen. Die Räder klappten beim Verladen in das Rettungsmittel automatisch ein. Heute Standard, damals eine Weltsensation. Foto: Ludwig
1980 war diese Roll-In-Trage für den Hochlang von Mercedes noch eine Weltsensation. Und die Johanniter in Hannover sorgten damit für reichlich Gesprächsstoff auf der Messe. Foto: Ferno

Wenn Zeit war, habe ich die Chance genutzt, um mir einen der zahlreichen Fachvorträge oder eine Live-Demonstration anzuschauen. Denn auch damals gehörten diese Dinge zum Programm der Interschutz. Ich persönlich habe extrem von den Kontaktmöglichkeiten über die Organisationsgrenzen und Sparten hinweg profitiert. Insofern bedauere ich es sehr, dass sich viele Aufbauhersteller aus dem Bereich Rettungsdienst seit dem Jahr 2000 von der Interschutz ausgeklinkt haben. Meiner Meinung nach gehören Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz ganz eng zusammen. Die aktuelle Pandemie zeigt dies meiner Meinung nach eindrücklich.

Dieses Foto von Bundesminister Volker Hauff, dem Schirmherren der Interschutz 1980, und Hannovers Feuerwehrchef Rolf-Dieter Bräunig (der Mann mit dem Helm in den Händen) entstand beim Messerundgang nach der offiziellen Eröffnungsfeier. Foto: privat

Go-Go-Girls im Festzelt sorgten für Stimmung

Aber zurück nach Hannover 1980. Ich kann mich noch an die Eröffnungsveranstaltung erinnern. Als Vertreter der Bundesregierung nahm Volker Hauff, der Bundesminister für Verkehr und Technologie, teil. Die Eröffnungsveranstaltung gehörte zu den Highlights, genau wie der Ausstellerabend. Los war überhaupt jeden Abend eine ganze Menge. Es gab unzählige Empfänge und Stand-Partys. Und dann war da ja auch noch das 100-jährige Jubiläum der Berufsfeuerwehr Hannover. Es gab eine Veranstaltung im Rathaus, eine in den Herrenhäuser Gärten und das Festzelt hinterm Bahnhof. Nirgends ging es so hoch her wie dort. Und nach 23 Uhr traten damals sogar Go-Go-Girls auf. Das waren Zeiten.

Krönender Abschluss der Woche war der bunte Umzug beziehungsweise Ausmarsch quer durch Hannover (viele Feuerwehren, Musikzüge und Abordnungen) am letzten Wochenende anlässlich des 25. Deutschen Feuerwehrtages. So viele Blaulichter hatte ich bis dahin noch nie auf einmal gesehen. 

Seit Dezember 2019 darf sich Matthias Ludwig offiziell “Mister Interschutz” nennen. Foto privat

Bis zu meinem Ausscheiden im Jahr 2000 habe ich dann auch alle weiteren Interschutzstände der Johanniter organisiert. Die Messen haben mich aber auch danach nicht losgelassen. 2005 habe ich während der Interschutz in Hannover ein so genanntes Massenquartier für die Messebesucher im ehemaligen Krankenhaus Heidehaus organisiert. 2010 habe ich dann vfdb-Interschutz-Matador Rolf-Dieter Bräunig unterstützt – und ihn 2015 dann in dieser Funktion quasi beerbt. Am Rande bemerkt: 2019 verlieh mir die Deutsche Messe AG deshalb den “offiziellen” Titel Mr. Interschutz.  

Rückblickend muss ich sagen, dass die Interschutz 1980 vielleicht die wichtigste Veranstaltung in meinem Leben war. Es war der Beginn einer enormen Horizonterweiterung und das Verständnis für alle am Zivil- und Katastrophenschutz-Beteiligten ist seitdem ständig gewachsen.

Mister Interschutz, Matthias Ludwig, mit dem Interschutz-Maskottchen Timmy. Foto: privat

Zur Person: Matthias Ludwig, 70 Jahre, geboren am 19. September 1949 in Leipzig, jedoch in jungen Jahren nach Hannover verschlagen und aufgewachsen. Gelernter Fernmelder, mit 14 Jahren ehrenamtlich bei der JUH aktiv. Dort Hobby zum Beruf gemacht, Rettungsdienstleiter, Geschäftsführer, Vorstand auf verschiedenen Ebenen. Nach 30 Jahren dann selbstständig als privater Rettungsdienstunternehmer. Nebenher weiterhin ehrenamtlich aktiv für die vfdb. Verheiratet, zwei Kinder, vier Enkelkinder, ein Urenkelkind.

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