Autofahrer entgeht Gerichtsverfahren durch Spende

Fahrt durch Feuerwehrabsperrung kostet 800 Euro

Kirtorf/Gießen (HE) – Kürzlich wurden die Freiwilligen Feuerwehren des Vogelsbergkreises für ihre Einsatzleistungen bei den großen Unwettern des Vorjahres mit dem Hessischen Feuerwehrpreis ausgezeichnet. Nun wurde bekannt, dass es bei einem der Einsätze im August zu einem Zwischenfall kam. Ein Autofahrer widersetzte sich den Anweisungen der Feuerwehr. Dieser “Eigensinn” kostet ihn nun 800 Euro.

Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr Kirtorf haben eine Straßensperre errichtet und beseitigen einen umgestürzten Baum. (Bild: Philipp Weitzel)

Wie die Staatsanwaltschaft in Gießen auf Anfrage mitteilte, soll ein 41-jähriger Autofahrer damals auf der Bundesstraße 62 eine Feuerwehrabsperrung missachtet haben. Die Kräfte hatten den Bereich für den Verkehr gesperrt, um einen umgestürzten Baum auf der Fahrbahn zerlegen zu können.

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Nach Angaben der Staatsanwaltschaft fuhr der beschuldigte Autofahrer an wartenden Fahrzeugen vorbei bis zur direkten Einsatzstelle. „Trotz mehrfacher Warnung des Gruppenführers der Feuerwehr, er möge dies unterlassen, soll der Beschuldigte langsam angefahren sein, sodass der Feuerwehrmann zur Seite treten musste, um ihn passieren zu lassen“, so Staatsanwalt Rouven Spieler zum Sachverhalt. Sollte dies so geschehen sein, liege aus seiner Sicht ein Fall der Nötigung vor. Nötigung wird nach dem Strafgesetzbuch mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (§ 240).

Der Beschuldigte entgeht Strafverfolgung

Eine gerichtliche Klärung wird es jedoch nicht geben. Die Staatsanwaltschaft hat von der Erhebung einer Klage abgesehen, nachdem der Beschuldigte einen Geldbetrag von 800 Euro an ein Frauenhaus in Frankfurt gezahlt hatte. Bei dieser Sachlage und angesichts des Umstands, dass niemand verletzt wurde, erschien der Staatsanwaltschaft diese Vorgehensweise sachgerecht. „Durch die Zahlung wurde dem Beschuldigten klar vor Augen geführt, dass ein solches Vorgehen inakzeptabel ist und Konsequenzen hat“, so Staatsanwalt Rouven Spieler.

Die Kameraden der FF Kirtorf müssen sich nicht nur mit dem Baum beschäftigen, sondern sich auch mit einem ungeduldigen Autofahrer rumärgern. (Bild: Philipp Weitzel)

Gemischte Gefühle bei Feuerwehrleuten

Im Kreis der am Einsatz beteiligten Feuerwehrleute sorgte die Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage für gemischte Meinungen. „Man hört überall, dass die Feuerwehren angepöbelt, behindert und sogar körperlich angegangen werden. Bisher kannten wir das nur aus Berichten in den Medien“, bezog Kirtorfs Stadtbrandinspektor Heino Becker Stellung. Nach seinen Schilderungen war die Bundesstraße für die Aufräumarbeiten kurzzeitig gesperrt, um die Einsatzkräfte vor dem Verkehr zu schützen. „Schließlich ist das Arbeiten mit der Motorkettensäge an sich schon sehr gefährlich. Wenn Bäume, die unter Spannung stehen, zersägt werden, ist höchste Aufmerksamkeit geboten“, machte der Stadtbrandinspektor deutlich. Wenn dann plötzlich ein Fahrzeug mitten in der Einsatzstelle auftauche, könne dies für alle Beteiligten böse enden.

Frustrierte Freiwillige

„Wer will den Dienst in der Feuerwehr noch machen, wenn die Freiwilligen frustriert ausbleiben?“, mahnte der Stadtbrandinspektor im Hinblick auf den Einzug eines rohen Verhaltens in der Gesellschaft. „Ich hoffe, dass es ein einmaliger Blackout des Fahrers war und er daraus gelernt hat“, so der Wunsch Beckers. Ansonsten könne sich der beschuldigte Autofahrer einmal bei seiner örtlichen Feuerwehr melden und mitmachen, dann würde er aus Sicht des Kirtorfer Stadtbrandinspektors vielleicht verstehen, was es bedeutet, sich bewusst für andere Menschen in den Einsatz zu begeben.

Meldesystem für Gewalt gegen Einsatzkräfte

Im Bundesland Hessen gab es bei den Feuerwehren bislang keine Dokumentation zu solchen Vorfällen. Nach Angaben des Hessischen Innenministeriums ist jedoch eine Zunahme der Gewalt gegen Einsatzkräfte zu beobachten. Dies erfordere eine Dokumentation, die per Erlass am 6. Februar 2019 eingeführt wurde. Seitdem werden nun Vorfälle mit Gewaltanwendungen gegenüber Einsatzkräften über ein Meldesystem von den Leitstellen erfasst.

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