Editorial Feuerwehr-Magazin 9/2020

Wofür mache ich das alles?

Mal ehrlich: Auch schon mal als freiwilliger Feuerwehrmann frustriert vom Einsatzalltag gewesen? Bagatellen und Fehlalarme machen bei vielen Wehren den Löwenanteil an den Einsätzen aus. Was für junge Einsteiger anfangs noch spannend ist, wird für die Erfahrenen irgendwann nervig. Da kommt bei manch einem schon mal der Gedanke auf: Wofür mache ich das alles? Und das auch noch freiwillig?

Und dann folgt irgendwann der eine Moment, der diese Fragen beantwortet. Der Augenblick, in dem eine Menschenrettung gelingt. Ein lebensbedrohlich verletztes Unfallopfer entgegen aller Wahrscheinlichkeiten überlebt. Oder sich Betroffene ehrlich und tief berührt bedanken.

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Der Feuerwehr Stuhr-Groß Mackenstedt (NI) ist genau das widerfahren. Sie musste zu einem Verkehrsunfall auf der Autobahn 1 ausrücken. Eine junge Familie mit zwei kleinen Kindern war ohne eigenes Verschulden in eine schwere Kollision verwickelt worden. Die Kameraden mussten den eingeklemmten Vater befreien. Die Mutter überlebte ihre Verletzungen nur knapp.

Obwohl der Unfall dramatisch war, es wäre für die Feuerwehr wohl nur einer von vielen gewesen. Wenn sich nicht im Nachgang die betroffene Familie Fernández bei den Einsatzkräften gemeldet hätte. Zutiefst dankbar und ergriffen.

Es entwickelte sich nicht nur ein herzlicher Kontakt, sondern auch eine gemeinsame Veranstaltung mit Vertretern aller eingesetzten Rettungsorganisationen. Der Grund dafür: In diesem Rahmen erhielten die verschiedenen Ersthelfer für ihre herausragende und besonders menschliche Hilfe eine Ehrung. “Das war das Emotionalste, was ich in 40 Jahren Feuerwehr erlebt habe”, sagte Ortsbrandmeister Thomas Türke später.

Es ist richtig und wichtig, nicht jeden Einsatz auf einer persönlichen Ebene wahrzunehmen. Eine gewisse Distanz erlaubt oft eine leichtere Verarbeitung. Auf der anderen Seite motiviert die Menschlichkeit bei positiven Erfahrungen. Auch und gerade im Ehrenamt. Dieser Unfall ist dafür ein Paradebeispiel.

Ich habe mich sehr gefreut, als sich das Ehepaar Fernández bereit erklärt hat, mir den Unfall und Einsatz aus ihrer Perspektive für das Feuerwehr-Magazin zu schildern. Keine Selbstverständlichkeit. Und alles andere als ein normales Recherchegespräch. Auch nach vielen Monaten beschäftigt die Familie das Unglück noch immer – physisch und psychisch. Doch: Über das traumatische Erlebnis zu reden hilft, sagen sie.

Uns geht es nicht darum, ein Drama wiederzugeben. Wir wollen Euch an diesem Beispiel zeigen, was ein einziger Einsatz für das Leben von Betroffenen bedeuten kann. Im wahrsten Sinne des Wortes. Und damit so vielen Ehrenamtlichen wie möglich zeigen: Genau dafür macht Ihr das alles!

Den Bericht der etwas anderen Art findet ihr in im aktuellen Feuerwehr-Magazin 9/2020!

Euer Michael Klöpper,
Stellvertretender Chefredakteur Feuerwehr-Magazin

Familie Fernández mit den Ersthelfern und vielen der Einsatzkräfte, die ihnen nach ihrem schweren Verkehrsunfall halfen. (Bild: Feuerwehr Stuhr-Groß Mackenstedt)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Lieber Feuerwehrmann,frau ihr macht das für mich. Ich habe ein paar Jahre in einem Hotel gearbeitet. Ja. Es gab reichlich Fehlalarme. Nur, wer kann das vorher wissen? Immer wurden alle Menschen ins Freie gebracht. Und dann sehe ich eines Abends in den Nachrichten den Brand in Dubai 2015. Ich war froh, daß wir das nie erleben mussten. Und wir vertrauen auf Euch!!! Allein dieses Gefühl, daß ihr da seid, wenn es darauf ankommt , hilft! Und auch mir hat der Rettungsdienst schon geholfen! Mit Blaulicht in den OP! Also dafür macht Ihr das. Danke! Viele Grüße Claudia

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  2. @Spiegelhalter vom 2. September 2020, 18:42
    Narrenfreiheit!! Danke, dass Sie uns alle indirekt, wenn auch, wie Sie sagen, „überspitzt“ als Narren titulieren. Wir rücken dann mal närrisch aus und treffen dann an der Einsatzstelle unsere närrischen Entscheidungen und genießen dabei, wenn es hart auf hart kommt auch noch Narrenfreiheit!!! Wissen Sie…… Egal ob hauptberuflich oder ehrenamtlich sind wir immer für unser Tun und Handeln verantwortlich. Es gibt auch für uns keinen sog. „Freifahrtschein“. Ich finde diese Unterstellung mehr als unerhört. Außerdem
    fällt mir auf, dass Sie Ihren Fokus – wie auch manche Medien – auf „Führungskräfte der Berufsfeuerwehr“ – legen. Was wollen Sie uns damit sagen? Ich wünsche wirklich niemandem, in so einer tragischen Situation-wie der in Berlin – eine Entscheidung treffen zu müssen, aber doch müssen wir Einsatzkräfte -egal in welcher Einheit- das leider täglich tun und diese Entscheidung nimmt uns niemand ab. Waren Sie schon mal in solch einer Situation, …. ad hoc und nach bestem Wissen und Gewissen eine Entscheidung treffen zu müssen, insbesondere dann, wenn es um Leben und Tod geht? Es ist hier wie so oft keine Ortsbesichtigung mit einem Gremium und anschließender Begutachtung und Entscheidungsfindung mit Kaffee und Snack am „Runden Tisch“ möglich.
    Natürlich hat das Ganze in seinen tragischen Auswirkungen ein gerichtliche Nachspiel, natürlich müssen alle Umstände und Fakten auf den Tisch. Wurden Fehler gemacht, müssen sie aufgearbeitet werden…. Aber, in Ihrer Fragestellung im Text erscheint „War das Handeln vorsätzlich, …….? Auch wenn ich das jetzt aus dem Kontext reiße….. haben Sie sich eigentlich vorher um Ihren Text mal Gedanken gemacht? Ich glaube, das haben Sie nicht!
    Ich wünsche den Angehörigen der Verstorbenen mein tiefstes Beileid und Mitgefühl. Ich wünsche den Feuerwehrkameraden viel Kraft, das alles durchzustehen.

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  3. Die Frage im Titel des Beitrages hat sich selbst beantwortet.
    Nur gut, dass nicht alle Einsätze einen so dramatischen Verlauf haben. Das wäre noch viel schwieriger zu verarbeiten bei den Einsatzkräften. Dann lieber einmal mehr zu einer Kleinigkeit ausrücken.
    Wenn es dann auch noch so ein tolles Dankeschön gibt, haben alle Beteiligten es richtig gemacht.
    “Tue Gutes und rede darüber!”

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  4. Bei den Feuerwehrleuten handelt es sich um zwei Führungskräfte der Berufsfeuerwehr.
    War das handeln vorsätzlich, grob fahrlässig oder nur fahrlässig oder ging es gar nicht anders?
    Das alles wird das Gericht beurteilen, ebenfalls wird es berücksichtigen, welche Informationen die beiden vor Ort hatten um ihre Entscheidung zu fällen.

    Überspitzt gesagt halte ich es für komplett falsch, wenn wir für alle Handlungen absolute Narrenfreiheit hätten. Ich bin gespannt auf das endgültige Urteil und die Begründung.

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  5. “Genau dafür macht Ihr das alles!” – absolut richtig.
    Wenn man dann allerdings lesen muss, dass sich zwei Kameraden wegen eines (zugegebenermaßen traurigerweise tödlich verlaufenen) Fehlers unter dem Vorwurf der fahrlässigen Tötung einer 13-jährigen vor Gericht verantworten müssen, dann kann man nachvollziehen, wenn Interessenten und Aspiranten kurzfristig doch wieder abspringen, weil sie kalte Füße bekommen. Gehe ich Risiken für mein Leben ein beim Versuch, andere Menschenleben zu retten? Sicher ja, und in gewisser Weise gerne. Gehe ich diese Risiken auch noch ein, wenn ich im Falle des Scheiterns bzw. eines Fehlers dafür bestraft werde? Das überlege ich mir ggf. nochmal genau. Und ich wette, der größte Teil der Kameraden sagt dann Nein.

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