Chemieunfall in Mainaschaff

6.000 Liter Säure, orange Wolke und 400 Kräfte im Einsatz

Mainaschaff (BY) – Eine chemische Reaktion in einem Metallverarbeitungsbetrieb im Kreis Aschaffenburg hat am Dienstagabend eine weithin sichtbare orangefarbene Gaswolke verursacht. Hunderte Einsatzkräfte von Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei waren mehrere Stunden im Einsatz.

Dicht über den Dächern zieht eine orange-gelbe Gaswolke auf: In einem Metallverarbeitungsbetrieb kam es zu einer chemischen Reaktion in einem Säurebecken. (Bild: 5VISION.NEWS)

Am Dienstag, 7. Oktober 2025, kam es in einem Industriebetrieb in der Mainaschaffer Industriestraße zu einem großangelegten Gefahrguteinsatz. Um 18:23 Uhr meldeten Zeugen eine starke Rauchentwicklung. Kurz darauf bestätigten erste Kräfte vor Ort den Austritt einer orangefarbenen Wolke.

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Chemische Reaktion in Säurebad

Nach Angaben der Kreisbrandinspektion Aschaffenburg war in einem Säurebecken des Betriebs ein größeres Metallstück in rund 6.000 Liter Salpetersäure geraten. Durch die Reaktion entstand nitroses Gas – ein hochreizender Stoff, der sich als orangefarbene Wolke über das Werksgelände hinaus ausbreitete.

Da eine Gefährdung der Bevölkerung nicht ausgeschlossen werden konnte, erhöhte die Leitstelle das Einsatzstichwort auf „ABC Gefahr“. Die Feuerwehr sperrte das Gebiet weiträumig ab, räumte angrenzende Betriebe und ließ den Verkehr auf der benachbarten Bundesstraße sowie auf dem Main einstellen.

Einsatz unter Vollschutz

Unter Chemikalienschutzanzügen (CSA) gingen Trupps in das Gebäude vor, um die Lage zu erkunden. Der erste Versuch, das Metallstück aus dem Becken zu bergen, blieb erfolglos. Schließlich entschieden sich die Einsatzkräfte, die Salpetersäure in ein anderes Becken umzupumpen, um die chemische Reaktion zu stoppen. Parallel wurde ein massiver Wassernebel eingesetzt, um die austretenden Dämpfe niederzuschlagen.

„Die Maßnahmen unter Vollschutz dauerten mehrere Stunden, zeigten aber Wirkung“, berichtete Kreisbrandrat Frank Wissel, der die Einsatzleitung übernahm. „Gegen Abend war die Reaktion beendet, und es trat kein Gas mehr aus.“

Messungen und Warnung der Bevölkerung

Frühzeitig alarmierte die Einsatzleitung den Gefahrgutzug „Messen“ und den Zug „Warnen“ des Landkreises. Während der Messzug Luftproben im Umfeld entnahm, informierten Fahrzeuge mit Lautsprecherdurchsagen über Schutzmaßnahmen.

Über Nina, Katwarn und Cell Broadcast wurde die Bevölkerung aufgefordert, Fenster und Türen geschlossen zu halten, Lüftungen und Klimaanlagen auszuschalten und sich in Gebäuden aufzuhalten. Eine Anlaufstelle für Anwohner richtete der Rettungsdienst im Rot-Kreuz-Haus Kleinostheim ein.

Die ersten Messungen ergaben im Nahbereich keine gefährlichen Konzentrationen. „Wir können hier von keinen erhöhten Schadstoffkonzentrationen im Ausbreitungsbereich der Wolke sprechen“, bestätigte Kreisbrandmeister Christoph Ostheimer, Fachberater für ABC-Gefahren.

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Großeinsatz der Hilfsorganisationen

Insgesamt waren rund 300 Feuerwehrleute, 80 Kräfte des Rettungsdienstes und 15 Polizeikräfte im Einsatz. Unterstützt wurden sie von einem Fachberater des TUIS-Netzwerks der chemischen Industrie. Das Landratsamt aktivierte zusätzlich die Führungsgruppe Katastrophenschutz.

Zur Versorgung der Einsatzkräfte richtete der Verpflegungszug Hutzelgrund im Feuerwehrhaus Mainaschaff eine Station ein. Auch Landrat Dr. Alexander Legler machte sich vor Ort ein Bild: „Erneut hat sich gezeigt, dass unsere Blaulichtfamilie Hand in Hand arbeitet. Verlässlich. Professionell. Das freut mich sehr.“

Vier Leichtverletzte, keine Umweltbelastung

Vier Personen erlitten leichte Reizungen der Atemwege, konnten aber vor Ort ambulant behandelt werden. Messungen ergaben außerhalb des Betriebsgeländes zu keinem Zeitpunkt gefährliche Werte. Gegen 22:30 Uhr gab die Einsatzleitung Entwarnung. Die Warnungen wurden zurückgenommen, da Messungen keine gefährlichen Konzentrationen mehr ergaben.

Man habe die Lage im Griff, resümierte Wissel in der Nacht. „Die Entscheidung, die Bevölkerung in den Häusern zu lassen, war richtig – eine Evakuierung war nicht notwendig.“

Nachbereitung und Bilanz

Die Nachbereitungsmaßnahmen dauerten bis kurz vor Mitternacht. Um 23:28 Uhr übergab die Feuerwehr die Einsatzstelle an die Werkleitung. Die Ermittlungen zur genauen Ursache führt die Kriminalpolizei Aschaffenburg. Nach aktuellem Stand löste ein größeres Metallteil in der Säurewanne den Zwischenfall aus. Der Chemieunfall zählt nun zu den größten Gefahrguteinsätze im Kreis Aschaffenburg der vergangenen Jahre.

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