Scharfe Kritik von DFV und vfdb

Weniger Ausgaben für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz geplant

Berlin – Ein Regierungsentwurf des Haushaltsgesetzes 2023 der Bundesregierung sorgt für „Entsetzen und völliges Unverständnis“ beim Deutschen Feuerwehrverband (DFV) und bei der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb). Demnach soll der Etat des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) um mehr als 2,22 Milliarden Euro sinken. Betroffen sind davon auch die Ausgaben für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz.

Die Bundesregierung will die Ausgaben für Bevölkerungs- und Zivilschutz deutlich kürzen. DFV und vfdb kritisieren dies scharf (Symbolbild).

Nach diesem Entwurf sollen die Ausgaben für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz von insgesamt rund 932 Millionen Euro im Jahr 2022 auf etwa 767 Millionen Euro zurückgehen. In einer Pressemitteilung des Deutschen Bundestages heißt es, für das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe sei für das kommende Jahr im Vergleich zu 2022 ein Ausgabenrückgang um gut 112 Millionen Euro auf knapp 174 Millionen Euro vorgesehen. Und 2023 sollen die Ausgaben für die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk um rund 158 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr auf gut 386 Millionen Euro sinken.

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„Wenn das Vorhaben umgesetzt werden sollte, kann der Staat wohl kaum noch seiner Verpflichtung nachkommen, die Bevölkerung zu schützen“, betont vfdb-Präsident Dirk Aschenbrenner in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit dem DFV, „das wäre eine Katastrophe.“ „Die Fähigkeit, bei Katastrophen und Krisen künftig besser aufgestellt zu sein als bisher, würde damit nicht verstärkt, sondern verringert“, fügt DFV-Präsident Karl-Heinz Banse hinzu.

Beide Präsidenten verwiesen auf die jüngsten Ereignisse. So hätten die Starkregenkatastrophe, die Pandemie, die Flüchtlingskrise – ausgelöst durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine – sowie die aktuellen Wald- und Vegetationsbrände deutlich gezeigt, wie und wo Deutschland mehr statt weniger investieren müsse.

Erst im Februar hatte die vfdb in einem Schreiben an Bundesinnenministerium Nancy Faeser anlässlich des Koalitionsvertrages der Regierungsparteien Empfehlungen zur Optimierung des Bevölkerungsschutzes in Deutschland gegeben. Unter anderem wurde darin neben der Schaffung einer operativ-taktischen Führungseinrichtung auf Bundesebene auch die Entwicklung eines staatlichen Krisenmanagements angeregt. Ferner forderten die Experten eine bundeseinheitliche Warnung und Information der Bevölkerung in Gefahrenlagen.

Bereits im November 2021 hatte der Deutsche Feuerwehrverband den Bund aufgefordert, durch eine auskömmliche Finanzierung dafür Sorge zu tragen, dass die Organisationen im Zivil- und Katastrophenschutz die Anforderungen der Zukunft erfolgreich bewältigen können. „Auch in Reaktion auf die Auswirkungen der zunehmenden Klimaveränderung bedarf es einer besonderen Aufmerksamkeit zur Stärkung der Resilienz und einer weiteren Verbesserung im Bereich der Warnung der Bevölkerung“, wandte sich DFV-Präsident Banse an die Vorsitzenden der Regierungsparteien.

In einem weiteren Schreiben forderte die vfdb Anfang April eine deutliche Erhöhung der Haushaltsansätze für die zivile Verteidigung. Bislang hätten die Aufwendungen des Bundes für den Zivilschutz nur ein Volumen, das etwa 0,3 Prozent des Wehretats entspreche, hieß es darin. Neben einer starken Armee sei jedoch für den Schutz des Landes auch eine leistungsfähige zivile Verteidigung erforderlich. „Selbst eine Verdoppelung der Haushaltsansätze für den Zivilschutz würde den Bundeshaushalt insgesamt nur geringfügig belasten“, so vfdb-Präsident Aschenbrenner.

Vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine hatte sich DFV-Präsident Karl-Heinz Banse Anfang März an Bundesinnenministerin Nancy Faeser gewandt und auf die Umsetzung neuer Maßnahmen im Bereich der zivilen Verteidigung, etwa bei den Führungsstrukturen oder der Beschaffung von CBRN-Technik, gedrungen: Neben der notwendigen Fortentwicklung der militärischen Verteidigung müsse allerdings und konsequenterweise auch ein besonderer Fokus auf die damit zwangsläufig verbundenen Fähigkeiten im Bereich der zivilen Verteidigung gelegt werden.

Die Neuausrichtung des Bevölkerungsschutzes war eines der bestimmenden Themen auch beim 29. Deutschen Feuerwehrtag im Juni in Hannover. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte dort ein klares Bekenntnis zum Deutschen Feuerwehrverband und zu den Feuerwehren in ganz Deutschland abgegeben und das Engagement und die Arbeiten der Feuerwehren in den unterschiedlichsten Einsatzlagen und für die Gesellschaft im Allgemeinen gewürdigt: „Die Feuerwehr ist der wesentliche Bestandteil der Sicherheitsarchitektur in Deutschland, so müssen wir sie auch behandeln“, hatte Faeser betont. Die Bundesinnenministerin hatte ihre Unterstützung bei der Durchsetzung der Forderung nach einer ständigen Vertretung des Deutschen Feuerwehrverbandes als direkter Vertretung der Feuerwehren im neuen Gemeinsamen Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz des Bundes und der Länder zugesichert.

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Als jemand, der sich um das Wohl der Gemeinschaft sorgt, bereitet es mir Sorgen zu hören, dass weniger Mittel für den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz eingeplant sind. Diese Bereiche spielen eine entscheidende Rolle bei der Sicherheit und dem Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger. Gerade in Zeiten erhöhter Risiken durch Naturkatastrophen und andere Bedrohungen ist eine angemessene finanzielle Unterstützung unerlässlich, um effektive Schutzmaßnahmen zu gewährleisten. Es ist wichtig, dass Regierungen die Bedeutung dieser Aufgaben erkennen und ausreichende Ressourcen zur Verfügung stellen, um die Sicherheit und das Wohlbefinden ihrer Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten.

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  2. Die Bundesregierung bzw. die Bundesinnenministerin ließ für 2023 (im Nachgang zu den recht deutlichen Erkenntnissen aus der Hochwasserkrise 2021) keine Einsicht walten, zumindest den Etat für den Zivilschutz auf Bundesebene beizubehalten.
    NEIN, entgegen hehren Worten bzw. üblichen Sonntagreden wurden Zivilschutzausgaben (40% beim BBK, 35% beim THW) deutlich gekürzt. Anstelle so dem dort hauptsächlich tätigen Ehrenamt den Rücken zu stärken, werden Steuergelder lieber für milliardenteure Erweiterungsbauten der Bundesverwaltung (vgl. u.a. fragwürdige Stelenplanvermehrung Bundeskanzleramt) sowie mehr als 10 zusätzlich seit 2021 etablierte Beauftragte der Bunderegierung (https://de.wikipedia.org/wiki/Bundesbeauftragter ; nebst Orga-Aufwendungen inzwischen für fast 50 Positionen) ausgegeben.
    Die Versorgung von politischen Mitstreitern (Pöstchengeschacher für besonders verdiente Abgeordnete mit Diäten- und Pensionsanspruch?) mit überwiegender symbolischer Themebearbeitung (das passiert doch irgendwas) wird, wie auch bei anderen politischen Farben in der Vergangenheit, der eigenen Politkaste der Vorrang gegenüber ehrenamtlich langjährigem Engagement (und tatkräftiger Hilfe wenn sie neben ihrem eigentlichen Zivilberuf gebraucht werden) eingeräumt!
    Nicht das dieses Verhalten unserer politischen Berusrepräsentanten neu wäre. Nach den Hochwasserherausforderungen in 2021 kann doch nicht wirklich bestritten werden, was wir im Angsicht zukünftig wahrscheinlich öfter auftretenden und dabei umfangreich zunehmender Krisensituationen mehr bräuchten.
    Wie hat man z.B. demnächst unter einer medizinischen Grundversorgung in länger andauernde Krisensituation vorzustellen (Mensch, Material, Basismedikamentierung/ Grundsubstanzen, häusliche Therapieformen, uvm. , wenn die medizinisch aktuelle Regelversorgung (nicht nur durch den Pflegepersonalmangel) und Notfalldienste schom im alltäglichen Wahnsinn auf dem Zahnfleisch geht?
    Die Ahrtalregion, sowie der südwestliche NRW-Kreis Euskirchen ist noch relativ dünn besiedelt. Was ist, wenn z.B. mehrer größere, dicht besiedelte Städte (> 150.ooo Einwohner) betroffen wären. Unsere Bundeswehr hat leider in den nächsten Jahren ganz andere Aufgaben zu erfüllen.

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  3. Da muss ich mal deutlich sagen, die Änderung im Budget vom Gesundheitsministerium hat viel mit der Corona Pandemie zu tun. Damit wurden vorallem Schutzkleidung, Impfungen und Tests bezahlt.
    Zudem hat man Steuern aufgewendet um wegen der Kurzarbeit die geringeren Krankenkassen beiträge zu kompensieren.
    Außerdem wurden vorhalte Kosten ersetzt und ausgefallene Operationen und Belegungen ersetzt.

    Der Bund oder das Ministerium hat selbst in dem Sinne kein Krankenhaus bis auf die 5 Bundeswehrkrankenhäuser.

    Für die Bezahlung und Löhne sind die Tarifpartner also Krankenhaus (privat oder oft auch Konmmunal) zuständig und die Arbeitsnehmer.
    Zu einen kleinen Umfang fördert der Bund aber zusätzlich geschaffene Stellen in dem die Krankenkassen/häuser für die Mehrkosten entschädigt werden.

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  4. Sebastian, die 2,2 Mrd. weniger beziehen sich auf den gesamten Etat des BMI. Die 932 Mio. auf “die Ausgaben für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz” im Jahr 2022.

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  5. Der Bund hat keinerlei Zuständigkeiten für den KatS der Länder!
    Bei der Auflösung der alten Strukturen des ZS waren die Länder treibende Kraft.
    https://www.bbk.bund.de/DE/Themen/Ergaenzende-Ausstattung/ergaenzende-ausstattung_node.html

    Beschaffungen, z. B.:
    https://www.bbk.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/06/pm-ausschreibung-neue-lfkats.html

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  6. Und gleichzeitig schwurbelt die Faeser von der Förderung des Ehrenamts und dass Ehrenamtliche früher in den Ruhestand gehen können sollten. Alle Themen in einen Sack werfen ohne zu wissen um was es geht und was die Entscheidungen bedeuten. Willkommen in der Politik, wo Kompetenz überbewertet wird.

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  7. Wenn man jetzt mal von einem realen Szenario ausgehen würde,zb den K bzw V Fall dann sind es nicht oder nur zum geringsten Teil die Feuerwehren die unsere Bevölkerung schützen und versorgen. Diese haben alle Hände voll damit zu tun ihre eigenen Aufgaben zu erledigen wie retten,löschen und bergen. Die eigentlichen zv-Einheiten des zivil und Bevölkerungs Schutzes wie das DRK,ASB usw werden seit der Übernahme durch die Länder immer weiter kaputt gespart und belächelt. Weit über 65% der Einheiten sind nach der gültigen StaN nicht oder nur bedingt einsatzfähig. Das wird immer sehr gern ausgeblendet da es nur um die Feuerwehren geht. Natürlich sind diese im ZV Schutz mit eingebunden,aber wie es schon mehrfach vorgekommen ist im k-fall alleine überfordert. Wenn es eine vernünftige zivil Verteidigung geben soll müssen auch die Einheiten der sanitäts und betreuungszüge viel mehr unterstützt und ausgerüstet werden. Das sind die eigentlichen,die dann der Bevölkerung Unterkunft,Verpflegung und Versorgung zur Verfügung stellen.

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  8. Wenn man bedenkt, dass die Mittel für das Gesundheitsministerium im Vergleich zu 2019 auf rund 60 Milliarden Euro vervierfacht wurden, ohne dass es zu einer Verbesserung im Gesundheitswesen geführt hat, ganz im Gegenteil, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort erhielten nicht mal flächendeckend eine Gehaltserhöhung, dann muss man sich schon fragen ob denn die jeweiligen Ministerinnen und Minister wissen, was um sie herum passiert. Aus keiner Katastrophe oder Notstand in den letzten Jahren die passenden Lehren gezogen, da muss man nur noch mit dem Kopf schütteln. Die Hilfsorganisationen brauchen die Ausstattung nicht für sich, sondern um den Schutz der Bevölkerung gewährleisten zu können. Und dafür muss die Politik sorgen. Die nächste Notlage kommt bestimmt.

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  9. Warme Worte für Einsatzkräfte landauf, landab von Politikern aller Fraktionen. Sonst nichts.
    Wir brauchen eine Stärkung der Wehren in der Fläche und dazu braucht es ergänzende Fahrzeuge und passende Gerätehäuser.
    Große Fahrzeuge für große Wehren, die die Fahrzeuge im Notfall nicht besetzen können, helfen nicht, sondern sind schlecht bezahlte Garagenvermieter.
    Gemeinden, die ihren Pflichten nur mit Mühe nachkommen können und sich dafür von einem finanziellen Kraftakt zum anderen hangeln gibt’s genug.
    Einen Katastrophenschutz, wie wir ihn in den 70ern hatten, werden wir wohl nie wieder bekommen. Leider!

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  10. Wie kann man nur auf so eine Idee kommen, streicht das Geld in der Rüstung, da geht doch sowieso nix. Die Regierung hat aus all den Katastrophen der letzten 20 nix gelernt. Auf der einen Seite wird gesagt, ess könnte noch schlimmer kommen, aber die Mittel sollen beim Katastrophenschutz gestrichen werden. Wer hat die Leute da nur Gewählt, das ist eine Schande.

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  11. Wie Recht Du hast, interessiert aber keinen. Schade.

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  12. Voll und ganz richtig, ich war 50 Jahre im FW-Einsatzdienst tätig ,
    uns wurden immer wieder Versprechungen gemacht, wie die Ehrenamtlichen gewürdigt oder unterstützt werden sollen.
    Nichts ist davon jemals verwirklicht wurden. Jetzt, wo wir in Deutschland echt ernste Probleme haben, muss endlich schnell etwas passieren. Offensichtlich haben unsere Politiker es immer noch nicht begriffen bzw wollen es einfach nicht begreifen.
    Für Kriege haben wir Milliarden übrig , für friedliche Dinge zum Schutz der Menschen will man nichts ausgeben. Ist das nicht schlimm?

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  13. 2,22 Mrd. weniger bei einem Etat von 932 Mio? Da hat der Lektor wohl wieder geschlafen.
    Schlimm genug, das wären 460 Fahrzeuge à 500tausend Euro. Für 16 Bundesländer könnte man da einiges bewegen. Speziell im Bereich Wald/Vegetationsbrand oder Hochwasserschutz. Aber wie üblich reißt es die Leistung der Kameraden(aller Geschlechter) auch so raus, also wozu investieren.

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  14. In 40 Jahren anscheinend nichts dazu gelernt,damals gab es ZB Einheiten die vom Bund erstellt und finanziert wurden.
    Diese Einheiten wurden damals aufgelöst.Die fzg wurden an die Feuerwehren verschenkt mit der Aussage dass es keine Ersatzbeschaffung dafür gäbe.
    Jahre später wurden wieder Kats beschafft weil man bemerkt hat das der Katastrophenschutz wohl doch gebraucht wird. Jetzt wo bei Feuerwehren und THW aufgerüstet werden wird und muss,siehe täglich in den Medien,wird der Zuschuss wieder gestrichen.
    Mein Fazit……..nichts gelernt in den letzten Jahren,leider!

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  15. Nun…wenn man sieht mit welchen Summen die Regierung so um sich wirft…für was auch immer..ob sinnvoll oder nicht sei dahin gestellt dann ist diese Kürzung nur die logische Konsequenz. Ein Tritt für jeden , der km Katschutz tätig ist…

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  16. Gleichzeitig sollen etwa die Genehmigungsverfahren für LNG Wasserstoff & Co verkürzt werden. Das dafür sogar noch zusätzliche Ressourcen erforderlich wären bleibt auch unberücksichtigt.

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