Jahrestag einer schrecklichen Tragödie

Vor 30 Jahren: Flugtag-Unglück von Ramstein

Ramstein (RP) – Auf der US Air Base Ramstein endete heute vor 30 Jahren eine Flugschau in einer Katastrophe: Nach einer Kollision in der Luft stürzten drei Flugzeuge in die Zuschauermenge. Nach offiziellen Angaben starben bei dem Unglück 70 Menschen, hunderte wurden verletzt. Der Unfall hatte weitreichende Auswirkungen auf die psychologische Einsatznachsorge von Einsatzkräften.

Die italienische Kunstflugstaffel Frecce Tricolori („Die dreifarbigen Pfeile“) traten gegen Ende des Flugtags am 28. August 1988 auf. Die zehn Flugzeuge führten grade die Flugfigur „Durchstoßenes Herz“ vor, als um 15.55 Uhr drei der Maschinen in etwa 50 Meter Flughöhe und 300 Meter vor den Zuschauern kollidierten. Die Piloten stürzten mit ihren Maschinen in Richtung der Menschenmenge. Es kam zu riesigen Explosionen, brennendes Kerosin verteilte sich über die Menschen, Trümmerteile flogen umher. Der Unfall ereignete sich so schnell, dass niemand flüchten konnte.

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Explosion Ramstein
Mit einem riesigen Feuerball explodierte eine abgestürzte Maschine inmitten der Zuschauer. Foto: Archiv Lenhard

Die schwierige Versorgung der Verletzten

Die anschließenden Rettungsmaßnahem gestalteten sich schwierig. Zwar konnte der entstandene Brand schnell durch die Feuerwehr der US Air Base gelöscht werden, aber die große Anzahl an Verletzten stellte die Einsatzkräfte vor eine enorme Herausforderung. Zunächst ließen das US-Militär die angerückten Rettungskräfte nicht auf den Flugplatz. Außerdem sahen die Vorschriften des US-Militärs vor, wie in den USA üblich, die Verletzten nicht vor Ort zu versorgen, sondern sie so schnell wie möglich ohne medizinische Erstversorgung in Krankenhäuser zu transportieren. Diese waren auf so ein Vorgehen nicht vorbereitet.

Nach Ramstein: Einsatznachsorge wird eingeführt

Die große Anzahl der Opfer, teilweise mit entstellenden Verbrennungen am ganzen Körper, stellte eine enorme psychische Belastung für viele Rettungskräfte dar. Viele von ihnen litten nach dem Einsatz unter einer posttraumatischen Belastungsstörung. Um die Erlebnisse zu verarbeiten, wurde das erste Mal in Deutschland eine Nachsorgegruppe gegründet. Diese sollte sowohl den Einsatzkräften von Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr als auch den Opfern und Hinterbliebenen helfen, die Erlebnisse zu verarbeiten. Aus dieser Nachsorgegruppe entwickelten sich sowohl die heute in Deutschland eingesetzten Kriseninterventions- und Notfallseelsorge-Teams für Betroffene eines psychisch belastenden Vorfalls als auch das Konzept der Einsatznachsorge für Einsatzkräfte.

Menschen Ramstein
Das Feuer hatten die eingesetzten Feuerwehrleute rasch gelöscht. Doch für die Verletzten standen viel zu wenig Helfer zur Verfügung. Foto: Archiv Lenhard

Erinnerungen eines Feuerwehrmanns

Nach dem Einsatz in Ramstein hatten viele Einsatzkräfte mit dem Gesehenen zu kämpfen und kritisierten die Sicherheitsmaßnahmen der Veranstalter.  So auch Hans J. Lenhard, der 1988 Zivilbeschäftigter bei der US Airbase Ramstein war. Für das Feuerwehr-Magazin hat er seine Eindrücke des Unglücks geschildert:

Eigentlich war der 28. August 1988 (Sonntag) ein ganz normaler Arbeitstag wie jeder andere auch. Wenn da nicht der Flugtag gewesen wäre, der während meiner Arbeitszeit durchgeführt wurde. Es war für mich etwas Besonderes, da ich mich immer sehr für Flugzeuge und Technik interessiert habe. Gegen 8 Uhr etwa positionierten mein Kollege und ich uns mit unserem Flugfeld-Löschfahrzeug auf dem dafür vorgesehenen Platz. Nur etwa 60 Meter von der Stelle entfernt, wo einige Stunden später die Maschine des Solo Piloten Ivo Nutarelli aufschlagen sollte. Ein zweites FLF stand in Sichtweite von uns ebenfalls in Bereitschaft.Immer mehr Zuschauer und Autos aus allen Richtungen Deutschlands trafen an der Airbase ein. Auch die Flugzeuge standen auf ihren Plätzen. Alle fieberten der Flugshow entgegen.

Um zirka 13 Uhr starteten die von allen erwarteten Flugvorführungen. Alles war bestens. Die Amerikaner boten eine Militärschau mit Barbecue, Eis, Hamburgern usw. Der Nachmittag ging durch das Spektakel am Himmel schnell vorbei. Mittlerweile war es 15.40 Uhr. Alle warteten auf die letzte Darbietung der „Frecce Tricolori“, die Kunstflugstaffel der italienischen Luftwaffe, die ihre spektakuläre Figur „Das durchstoßene Herz“ fliegen sollte.

Und dann passierte es: Bei dem Versuch, die Flugbahn seiner Kollegen zu kreuzen, kommt der Solist der Staffel mit zwei Jets in Berührung. Eine Maschine stürzt auf die Zuschauer zu, das Kerosin entzündet sich, ein Feuerball rast mitten in die Menge. Der Zusammenstoß ereignete sich nur etwa 100 Meter von den Zuschauern entfernt. Ein Radius von 500 Metern wurde mit Wrackteilen und Kerosin übersäht.

Das Feuer hatten wir wirklich schnell gelöscht. Aber danach wurde erst das ganze Ausmaß der Katastrophe deutlich. 31 Menschen waren sofort tot und weit über 700 verletzt. Weiter möchte ich nicht ins Detail gehen.

Allerdings möchte ich diejenigen, die in Zukunft zu einem Flugtag gehen wollen, daran erinnern, dass man einen Abstand von mindestens 500 bis 600 Metern einhalten sollte – zur eigenen Sicherheit. Auch sollte nie die Geschwindigkeit und das Kerosin vergessen werden, da gerade diese die größte Gefahr bei Flugshows sind und durch die fliegerische Formation schnell vergessen werden.

Wäre von den verantwortlichen Amerikanern damals ein Sicherheitsabstand von 600 Metern zu den Zuschauern, wie in Amerika bei Flugvorführungen eigentlich üblich, eingehalten worden, hätte niemand sein Leben lassen müssen. Keiner müsste heute noch mit seinen Verletzungen leben und würde immer wieder an die Katastrophe erinnert werden. Durch die Nato-Dienstvorschrift (Stanagvertrag) sind eigentlich alle Nato-Staaten daran gebunden, einen Sicherheitsabstand bei Kunstflügen festzulegen. Doch Ramstein unterlag 1988 nicht dem Stanagvertrag und war somit exterritoriales Gebiet. Die Amerikaner mussten nicht einmal bei der deutschen Regierung um Erlaubnis fragen, sondern konnten ihr Volksfest einfach machen. Die Verantwortung zur Durchführung der Flugvorführung lag damit alleine beim Veranstalter.

Ich möchte nicht dazu auffordern, nie mehr zu Flugshows zu gehen, sondern daran erinnern, dass es immer wieder zu Unfällen kommen kann.

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