Einsatzbericht FM 3/2021

Familien-Existenz geht bei Großbrand in Rauch auf

Hörselberg-Hainich (TH) – Ein Wirtschaftshof in Hastrungsfeld (Wartburgkreis) steht in der Nacht zum 20. Februar 2020 in Flammen. Direkt angrenzende Häuser kann die Feuerwehr schützen. Aber das Haupthaus von 1850 sowie die Nebengebäude werden komplett zerstört. Das Ehepaar Hemmerle verliert in dieser Brandnacht alles. Ein Jahr nach dem Unglück haben wir nachgefragt, wie es den beiden ergangen ist. Den gesamten Einsatzbericht findet Ihr im Feuerwehr-Magazin 3/2021).

Mehrere Gebäude des Vierseitenhofes stehen in Vollbrand. Foto: Paul-Philipp Braun

Auch ein Jahr nach dem Unglück sind dem Ehepaar Hemmerle die Ereignisse der Brandnacht noch gegenwärtig. Reiner Hemmerle ist nach wie vor bestürzt über die gewaltige Kraft der Flammen, “gegen die auch moderne Technik nichts genützt hat. Alles ist weg”, sagt er. Außer der Werkstatt ist in der Scheune auch seine umfangreiche Musik- und Lichtanlage zerstört worden. Besonders schmerzlich ist für Hemmerle der Verlust seiner Fischzuchtanlage mit 40 Becken. Darin hat er von Neonfischen bis zu Welsen zahlreiche Arten gezüchtet.

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“Praktisch alles, was man in einem Aquarium halten kann. Das sollte mein Hobby für den Ruhestand werden”, sagt der heute 58-Jährige. Schlimm für das Ehepaar ist die Tatsache, dass nur das Wohnhaus mit 165 Quadratmetern versichert war. Die Scheune und Nebengebäude mit etwa 800 Quadratmetern waren es nicht. “Hätte die Musikanlage bei uns im Keller gestanden und nicht in der Scheune, wäre sie von der Versicherung ersetzt worden”, nennt Hemmerle ein Beispiel.

Dankbar sind die Eheleute für die große Unterstützung, die sie bereits in der Nacht des Feuers erhalten haben. Sie kommen kurzfristig im Gemeindehaus ganz in der Nähe unter. “Darin sind zwei Wohnungen, von denen eine erst kurz zuvor freigeworden war”, erzählt Hemmerle. Christian Blum, Bürgermeister der Gemeinde Hörselberg-Hainich, organisiert umgehend die Möblierung. Auch Ortsteilbürgermeister Tino Merbach betreut die beiden die ganze Nacht über.

Am Morgen telefoniert Merbach mit der Versicherung der Hemmerles und beschafft weitere wichtige Dinge wie einen Internet- und Telefonanschluss sowie einen Laptop. Bereits 4 Tage später ist das Ehepaar online. “Eine feste Verbindung war für uns das Wichtigste”, sagt Hemmerle. Die Bürgermeister richten ein Spendenkonto der Gemeinde ein. Vom Kirmesverein Sättelstädt-Sondra wird ein zweites Konto für die Betroffenen eröffnet. Insgesamt kommt ein fünfstelliger Betrag zusammen. “Ohne die Spenden hätten wir noch mehr Schulden.”

Auch bei der Räumung zeigt sich, dass die Versicherung nur für den Schutt des Wohnhauses aufkommt. Den Rest muss das Ehepaar aus eigener Tasche zahlen. Vieles in dem Trümmerhaufen zählte als Sondermüll, sodass die Entsorgungskosten enorm sind. “Von den 300.000 Euro, die wir bisher von der Versicherung bekommen haben, sind nach der Räumung noch 100.000 Euro übrig”, berichtet Hemmerle. Das reicht niemals für den Wiederaufbau.

Eine Luftaufnahme am nächsten Morgen zeigt, was nach dem Feuer übriggeblieben ist – so gut wie nichts. Foto: Feuerwehr

Weil es sich beim Haupthaus um ein historisches Gebäude von 1850 handelte, muss es genauso wieder aufgebaut werden – mit zwei Etagen plus Dachgeschoss. “Zusätzlich schreiben mir die Statuten des Landes Thüringen beim Neubau eine Photovoltaikanlage auf dem Dach vor.” Doch wer zahlt die? Die Versicherung nicht. “Die Anlage würde das Objekt aufwerten und das Haus hätte nicht mehr den ursprünglichen Versicherungswert”, erklärt Hemmerle. Zurzeit wird die Kostenaufstellung der Versicherung von einem neutralen Ombudsmann geprüft.

Erst wenn alles Finanzielle geregelt ist, kann Hemmerle einen Bauantrag stellen. “Der dauert dann 3 bis 6 Monate”, stellt der Geschädigte ernüchtert fest. “Wann wir mit dem Bauen anfangen können oder wann wir wieder auf unserem Grundstück wohnen, steht in den Sternen.” Hemmerle rät jedem in einer ähnlichen Situation, umgehend fachliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Er ist dankbar für sämtliche Unterstützung, die er und seine Frau erfahren haben. “Wir haben uns im Dorf gut aufgehoben gefühlt.”

PDF-Download: Feuerwehr-Magazin 03/2021

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Schon erschreckend, wie man so unterversichert sein kann. Wäre auch interessant wie die Versicherung abgeschlossen wurde. Das Haupthaus nicht ausreichend versichert und die Nebengebäude gar nicht versichert. Wie kann man als Eigentümer so nachlässig sein und wie hat der Versicherungsagent hier beraten? Oder eben nicht? Wir hatten vor einigen Jahren einen Maschinenhallenbrand mit Inventar, Schaden: 500.000€. Abzug von 10%, da der Landwirt zugepachtete Fläche nicht meldete. “Erhöhtes Betriebsrisiko” war nicht versichert, war die Ablehnungsbegründung der Versicherung. Die Maschinenhalle wäre auch abgebrannt, wenn der Landwirt weniger Grund bewirtschaftet hätte. Aber so war nun mal die Versicherungsklausel im Vertrag. Auf alle Fälle hätte ich nach Abschluß der Schadensregulierung diese Versicherung vom Hof verbannt.

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  2. Wer, wie ich, schon Großbrände in Bauernhöfen mit erlebt hat, bei mir waren es drei, einer dabei als Einsatzleiter, weis, wie ein solches Feuer “wirken”, welche Kraft Feuer haben kann und kann die Gefühle des Betroffenen gut nachvollziehen. Auch wird er das Bild, die Geräusche niemehr vergessen, wenn Gebäudeteile ein-, Balken herunter stürzen. Wobei es für den Betroffenen mit Sicherheit noch viel, viel schlimmer sein dürfte, das mit anzusehen, wie für uns eher “Unbeteiligten”.

    Dabei hatten wir das Glück, jeweils das Vieh, wenn auch mit Hilfe der Besitzer, anderer Landwirte oder auch einmal Bauarbeitern, die in der Regel vor uns vor Ort waren, raus zu bekommen und die Wohnhäuser jeweils halten zu können.

    Ich sah allerdings auch schon ausgebrannte Wohnungen oder Wohnhäuser und kann mir die Verzweiflung eines Betroffenen daher gut vorstellen. Das Gefühl alles verloren zu haben muss fürchterlich sein.

    Kleidung, Möbel, Teppiche usw. kann man alles noch relativ leicht ersetzen, aber viele persönliche Dinge wie Fotos und/oder Videos, Erinnerungen an die Vorfahren, Großeltern, die Kinderzeit, sind unwiederbringlich verloren. Dabei hilft auch keine Versicherung.

    Das gleiche gilt natürlich auch für Sammlungen, und wenn es “nur” relativ wertlose Bierdeckel, oder sonstige eigentlich “unwichtige” Kleinigkeiten sind, waren das für den Betroffenen doch oft Dinge, in die er viel Zeit investierte, Ihm sehr wichtig waren, die für Ihn ein Teil Seines Leben darstellten.

    Auch daran sollten wir immer denken, wenn wir wieder einmal zu einer solche Situation gerufen werden, mit erleben müssen, dass selbst der vermeintlich geringe Schaden für den/die Betroffenen oft ein schwerer Schlag bedeuten kann.

    Besonders bitter ist in dem vorliegenden Fall natürlich der fehlende Versicherungsschutz. Das dürfte hier das größte, schlimmste Problem darstellen.

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