Antworten von Ulrich Cimolino und Jan Südmersen

Wenn Löschfahrzeuge brennen

Für Feuerwehren bedeutet extreme Trockenheit in den Sommermonaten: vermehrte Alarmierungen zu Vegetationsbränden. Dabei geraten immer wieder auch Einsatzfahrzeuge in Brand. Eine Gefahr, die Feuerwehrleuten bewusst sein sollte. Doch wie kommt es überhaupt zu Fahrzeugbränden?

Eine Luxemburger Einsatzkraft bekämpft mit einem Strahlrohr den Brand an einem Löschfahrzeug. Dieses war während der Fahrt über ein Getreidefeld in Brand geraten. Foto: CGDIS

Flächenbrand auf einem Feld im Luxemburger Hauptstadtviertel Hamm: Der Maschinist eines Hilfeleistungs-Löschfahrzeugs fährt auf einen noch nicht abgebrannten Teil des Feldes. Vermutlich aufgrund heißer Teile des Fahrgestells gerät unter dem HLF Stroh in Brand. Innerhalb von Sekunden steht auch der hintere Teil des Fahrzeugs in Flammen. Die Besatzung kann sich retten, das LF brennt jedoch komplett aus. Dieser Einsatz steht exemplarisch für weitere Vorfälle dieser Art. Fahrzeugexperte Dr. Ulrich Cimolino erklärt, warum Einsatzfahrzeuge brennen und wie hilfreich Fahrzeugsprühdüsen sind. Außerdem beantwortet Jan Südmersen, Vorsitzender von @fire, die Frage, worauf bereits bei der Anfahrt zu einem Vegetationsbrand geachtet werden sollte.

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Warum brennen Einsatzfahrzeuge?

  • Ungeschützte Leitungen aus Kunststoff an serienmäßigen Fahrgestellen für Druckluft (Bremsanlage), Kraftstoff und Elektrik: Besonders die Druckluftleitungen der Bremsanlage führen bei einem Leck beim Lkw zum Auslösen des Federspeichers und damit zum Stillstand des Fahrzeugs. In der Regel folgt hieraus ein Totalverlust. Lösung: geschützte Leitungen. Allerdings ist bei Serienfahrzeugen eine Nachrüstung extrem teuer. Ab Band möglich wäre es beispielsweise beim Unimog.
  • Luftansaugung: Heutige Standard-Lkw haben die Luftansaugung zumeist an der Fahrzeugfront. Optimiert für Wartungen, aber ohne die Berücksichtigung, dass brennbarer Staub eingesaugt, abgefiltert und durch Funken entzündet werden kann. Lösung: eine höhere Luftansaugung. Eine weitere Option wäre, Funken durch ein Wasser- oder Ölbad zu filtern. Ein Verfahren, das für Standard-Lkw-Fahrgestelle nicht mehr vorgesehen ist.
  • Luftfilter: In Extremfällen können zu viele Schwebstoffe wie Staub und Asche auch den Luftfilter verstopfen, sodass es zu einem Motorstillstand kommen kann.
  • Auspuffanlage: Wenn die Auspuffanlage zu heiß wird – insbesondere bei Lkw ab Euro 5 und bei Pkw mit Katalysator – gerät schnell und oft unbemerkt, leicht entzündliches Material wie Stroh, eine trockene Wiese oder Waldboden in Brand.
  • Fahrzeug zu schwer: zu großer Bodendruck, zu schlechte Gewichtsverteilung – beispielsweise bei zwillingsbereiften geländefähigen Fahrzeugen, die weit hinten viel Wasser mitführen. Die Folge: Das Fahrzeug bleibt leicht stecken.
  • Reifen: Bei einer fehlender Geländebereifung kann es ebenfalls zu Problemen kommen. Wichtig: Für Fahrten im Gelände müssen Maschinisten speziell ausgebildet werden.

Wie hilfreich sind Fahrzeugsprühdüsen?

  • Bodensprühdüsen helfen nur gegen Flammen vor und unter dem Fahrzeug beim Fahren. Im Stand sind immer Stellen dabei, die nicht erreicht werden. Sind die Flammen zu hoch, kommen sie von der Seite oder fliegen Funken in den Luftfilter oberhalb der Düsen, sind diese wirkungslos.
  • Fahrzeugschutzdüsen sind gegen das Fahrzeug selbst gerichtet. Sie schützen die Bauteile, die vom Wassernebel getroffen werden. Die genannten Düsenarten wirken nur im Bereich des Fahrgestells und nicht oberhalb des Rahmens. Somit sind viele Bereiche im Motorraum nicht geschützt.
  • Aufbauschutzdüsen wirken gegen eine Überhitzung des Aufbaus, beispielsweise der Kabine. In Frankreich nutzen Feuerwehrkräfte sie unter anderem als Fluchtmöglichkeit. Dafür haben die Fahrzeuge eine Reserve von zirka 300 Litern Löschwasser und eine elektrische Pumpe zur Speisung – neben Atemluftversorgung an den Sitzen.

Alle Düsenarten funktionieren nur bei aktiver Zuschaltung.

Dr. rer. sec. Ulrich Cimolino ist Branddirektor bei der BF Düsseldorf und Sachbuchautor.

Worauf muss bei der Anfahrt geachtet werden?

Je größer der Flächenbrand, desto wichtiger ist die Erkundung: Wo ist die Front? Wie hoch sind die Flammen?  Wo sind die Flanken und wo ist die Rückseite? Wo läuft das Feuer hin? Wie kommen Einsatzkräfte am besten an den Übergang zwischen Flanke und Front – dem idealen Angriffspunkt? Wer sich mit seinem Fahrzeug in Windrichtung vor die Front stellt, ist in erster Linie eines: Brennstoff für das Feuer. Bei Feldbränden bricht man den Feuersaum am Übergang zwischen Flanke und Front auf, sichert den Durchbruch (Ankerpunkt setzen) und arbeitet dann in Richtung Front. Das bedeutet auch, dass man mobil sein muss – Pump & Roll ist gefragt. Wer initial anfängt, Schläuche und Verteiler zu verlegen, der macht etwas falsch.

Jan Südmersen ist Brandamtmann bei der BF Osnabrück und Vorsitzender von @fire.

Text: Sebastian Runnebaum

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