Unfallakte: Keine Chance auszuweichen

Bockenem (NI) Ein grauenvoller Verkehrsunfall auf der A 7 hat am 6. Oktober 2009 die Bevölkerung von Wathlingen (Kreis Celle) schockiert. In Höhe Bockenem hatte ein Lkw nach einem Reifenplatzer die Leitplanken durchbrochen und war anschließend in den Gegenverkehr geraten. Der 38-jährige Lkw-Fahrer und sein achtjähriger Sohn aus Wathlingen kamen bei diesem Unfall ums Leben, acht weitere Menschen erlitten zum Teil schwere Verletzungen.

Unfallakte: Lkw-Unfall bei Bockenem. Der Lkw-Fahrer und sein Sohn starben. Foto: VOXIn seiner Beitragsreihe “Die Unfallakte” analysiert das VOX-Magazin “auto mobil” am Sonntag (28.11.2010, 17.00 Uhr) die genauen Umstände dieses Verkehrsunfalls und geht dabei der Frage nach, ob es für den übrigen Verkehr überhaupt eine Chance gab, einen Zusammenstoß mit dem Lkw zu verhindern.

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Im Mittelpunkt des achtminütigen Filmbeitrages informiert “Die Unfallakte” in Zusammenarbeit mit der Autobahnpolizei Hildesheim und Unfall-Sachverständigen darüber, wie sich die Situation am Nachmittag des 6. Oktober 2009 für den Verkehr auf der A 7 dargestellt haben muss. Dabei klärt das Magazin auch darüber auf, wie anhand der gerichtsmedizinischen Obduktion der Unfallopfer zweifelsfrei festgestellt werden konnte, dass der Unfalltod von Vater und Sohn durch die Kollision eines weiteren Pkw mit der Lkw-Kabine eingetreten ist. Der Fahrer eines Renault Scenic, der die A 7 in Richtung Kassel befuhr, hatte nicht mehr ausweichen können und war frontal in das Fahrerhaus des verunglückten Baustellen-Lkw geprallt.

“Der Lkw lag zum Zeitpunkt der Kollision auf der Beifahrerseite, so dass der Pkw in das Fahrzeugdach gefahren ist. Eine wirkliche Chance für die Insassen des Lkw bestand nicht, denn es ist davon auszugehen, dass der Renault Scenic unmittelbar nach dem Umstürzen dort eingedrungen ist”, erklärt Gutachter Dipl.-Ing. Bernhard Rodeck vom Wathlinger Sachverständigenbüro Grass in dem Filmbeitrag. Errechnen konnte der Sachverständige eine Kollisionsgeschwindigkeit von Tempo 70 bis 80. Rodeck: “Bei dieser Geschwindigkeit blieb dem Autofahrer überhaupt keine Möglichkeit, dem Hindernis auszuweichen. Besonders tragisch ist, dass der Pkw bei dem Zusammenstoß ausgerechnet die schwächste Stelle des Lkw, nämlich die Kabine, getroffen hat.”

Dass die tödlichen Verletzungen der Wathlinger nicht durch das Durchbrechen der Leitplanke und das Umstürzen des Lkw, sondern durch die spätere Kollision mit dem Pkw entstanden sind, konnte Gerichtsmediziner Dr. Detlef Günther von der Medizinischen Hochschule Hannover nachweisen: “Wir haben nur Spuren vorgefunden, die auf eine massive Druckausübung hindeuteten und können deshalb mit Bestimmtheit sagen, dass die tödlichen Verletzungen auf das Eindringen des Fahrzeuges in die Kabine zurückzuführen sind.” Als Folge des Ergebnisses der gerichtsmedizinischen Obduktion war ursprünglich gegen den Fahrer des Renault Scenic wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung ermittelt worden. Durch das Unfall-Gutachten und die Berechnungen von Dipl.-Ing. Bernhard Rodeck konnte dieser Verdacht allerdings ausgeräumt werden.

Im Rahmen der umfangreichen Dreharbeiten hat das VOX-Magazin “auto mobil” auch andere Unfallbeteiligte interviewt. So haben die beiden Göttinger Forscher Dr. Julia Beck und Dr. Ekkehard Schütz den verunglückten Lkw aus Wathlingen noch mit ihrem Audi A 6 gestreift: “Der Lkw flog direkt auf uns zu. Wir wissen nicht, was passiert wäre, wenn er uns nicht seitlich getroffen hätte, sondern in Kopfhöhe. Vielleicht hätten wir den Unfall dann nicht überlebt.” Aufgezeigt wird in dem Filmbericht bei VOX auch, wie verzweifelt Feuerwehrkräfte am Unfallort noch um das Leben des siebenjährigen Sohnes des Lkw-Fahrers gekämpft hatten. Dirk Tegtmeier von der Freiwilligen Feuerwehr Bockenem: “Jeder von uns hat in dem Moment an seine eigenen Kinder gedacht.” (Foto: VOX)

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