Nach Asbest-Alarm in Schwarzenbek: Wie gefährlich war dieser Einsatz?

Schwarzenbek (SH) – Jetzt ist es amtlich: Die Feuerwehrleute in Schwarzenbek (Herzogtum Lauenburg), die vor gut zwei Wochen während des Großbrandes (wir berichteten) auf dem Dach und im Drehleiterkorb eingesetzt waren, haben während der Löscharbeiten im Brandrauch sehr wahrscheinlich krebserregende Asbestfasern abbekommen. Das geht aus der Stellungnahme eines Hamburger Sachverständigen hervor.

Er fand im Auftrag der Stadt heraus, dass sowohl die Wellplatten der Dacheindeckung aus Faserzement als auch die Schindel der Gaubenverkleidung des Gebäudes mit Asbestfasern versetzt sind.

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Die Frage nach dem weiteren Vorgehen beschäftigte die Verantwortlichen tagelang. Die Meinungen der Beteiligten gingen nach unseren Informationen zunächst deutlich auseinander. Bürgermeisterin Ute Borchers-Selig wollte auf unsere Anfrage hin das Gutachten nicht herausgeben.

Während der Sachverständige nach Informationen von feuerwehrmagazin.de davon ausgeht, dass “die Schutzkleidung nur in sehr geringem Maße durch asbesthaltige Stäube kontaminiert worden ist”, geht es den Rettern um den weiteren Umgang mit ihrer Schutzkleidung. Denn sie wollen sich keiner dauerhaften Gefahr durch die als krebserregend eingestuften Asbestfasern auszusetzen.

Während die Retter auf dem Dach des brennenden „Jade“ und im Drehleiterkorb im Einsatz waren, standen sie in der „Abströmthermik“ der Brandgase und waren dadurch wahrscheinlich auch Asbestfasern ausgesetzt. Foto: Timo Jann (Bild: TIMO JANN)

Der Gutachter rät, dass man die Schutzkleidung nass waschen könnte. Er hatte aber nur die Baustoffe begutachtet und nicht die verpackte Schutzkleidung der Retter untersucht. “Da sollte man auf jeden Fall Untersuchungen durchführen”, rät Marcus Bätge, Experte der Organisation “Feuerkrebs”, die sich um den gesundheitlichen Schutz der Feuerwehrleute kümmert. “Diese Analyse würde Klarheit über die tatsächliche Kontamination geben”, sagt Bätge.

Die Stadt hatte den Sachverständigen beauftragt, nachdem Feuerwehrchef Thorsten Bettin gegenüber Ordnungsamtsleiter Thomas Bellizzi eine mögliche Kontamination der Schutzkleidung durch die Bauart des Daches angesprochen hatte. Vorsorglich hatten die Retter ihre Sachen nach dem Einsatz staubdicht verpackt.

Zurzeit gehen sie mit ihren alten Jacken und Hosen in Einsätze. Bettin: “Ich hoffe, dass die Bekleidung unter dieser Lagerung nicht gelitten hat und auch nach der Reinigung ihre volle Schutzwirkung aufweist.”

Bürgermeisterin Borchers-Selig versicherte auf Anfrage, nach Stand der Technik zu verfahren. “Die Schutzkleidung wird ebenso wie die Atemschutzgeräte professionell gereinigt”, sagt sie. Bettin lobt ihr Engagement in der Sache: “Unsere Bürgermeisterin hat sich persönlich sehr um den Fall gekümmert. Ich gehe jetzt davon aus, dass eine vernünftige Lösung gefunden wurde”, erklärt der Feuerwehrchef.

Merkwürdig erscheint die Herangehensweise des Sachverständigen. Er meint, dass es sich um ein Brandereignis mit offener Flamme gehandelt haben dürfte und durch die dabei entstandene Thermik die Asbestfasern vertikal abgeströmt sind – also aufstiegen. Das sieht er als Indiz dafür, dass die Feuerwehrleute nur gering belastet wurden.

Tatsächlich arbeiteten viele Retter aber auf dem brennenden Dach und über dem Brand – also mitten in der Abströmrichtung der Schadstoffe. Bätge: “Deshalb ist es wichtig, dass in einer Expositionsdatei genau erfasst wird, wer an diesem Einsatz beteiligt war. So könnte man später, sollte eine Krebserkrankung ausbrechen, belegen, dass man in diesem Einsatz mit Asbest kontaminiert wurde.”

Bettin ist als Dienstherr der ehrenamtlichen Retter froh über das letztendlich konsequente Vorgehen der Stadt. “Die Zeiten haben sich geändert. Natürlich wurden früher Häuser mit Asbestdächern mit weniger Schutz gelöscht. Aber heute weiß man einfach mehr. Es gibt klare Regelungen, die übrigens nicht die Feuerwehr erlassen hat, und daran wird man sich halten”, sagt der Wehrführer.

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