Kommentar

Freiwillige Feuerwehr – eine Welt im Wandel

Bremen – “Die Welt ist im Wandel” lautet nicht nur der erste Satz in Peter Jacksons epischer “Herr der Ringe”-Verfilmung. Er trifft ebenso auf die Welt der Freiwilligen Feuerwehren in Deutschland zu. Heute mehr denn je. Vor einigen Jahren setzte bundesweit das so genannte “Sterben” von kleinen Feuerwehren ein. Sinkende Mitgliederzahlen bis weit unter die jeweilige Mindestgrenze waren häufig die Ursache.

Aus zehn Einheiten in der Samtgemeinde Nenndorf werden in den kommenden Jahren vier Ortsfeuerwehren. Einen größeren Einschnitt kann es für eine Feuerwehr nicht geben. Foto: Sven Buchenau

“Ich schließe keine Feuerwehr”, verkündete mein damaliger Kreisbrandmeister Jahr für Jahr bei der Verbandsversammlung. Mit dieser Haltung war er nicht alleine. So hielten sich vielerorts über Jahre hinweg sogar Einheiten mit einer Hand voll Aktiver und ohne Tagesverfügbarkeit. Doch viele Feuerwehren traf es schließlich doch. Gemeinden schlossen die Tore der Wehren für immer – teils gegen Protest, teils einvernehmlich. Ich war immer froh, wenn ich las, dass es die verbliebenen Einsatzkräfte in die Nachbarwehr zog, um dort ihrer Berufung – Hobby ist definitiv das falsche Wort – nachzugehen.

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Ein Umdenken musste her. Mit “mein Feuer – Dein Feuer” kam man spätestens Anfang des neuen Jahrtausends nicht mehr weit. Also schauten viele über den Tellerrand ihrer Ortsgrenzen hinaus. Eigentlich sind die von der Nachbarwehr ja auch ganz in Ordnung. Neue Kooperationen entwickelten sich: gemeinsame Übungen, gemeinsame Alarmierungen und/oder gemeinsame Jugendfeuerwehren, um nur drei Möglichkeiten einer Annäherung zu nennen. Das klappte teilweise so gut, dass sich zahlreiche Feuerwehren freiwillig zusammenschlossen. Nicht selten geht dieser Prozess mit einem gemeinsamen Feuerwehrhaus-Neubau einher.

Das beste Beispiel dafür ist die FF Nenndorf. Aus zehn Ortsfeuerwehren werden vier schlagkräftigere Einheiten mit neuen Häusern, neuem Standort und neuer Technik. Einen größeren Einschnitt kann es für eine FF nicht geben. Schritte wie dieser werden meiner Meinung nach das Erscheinungsbild der rund 22.000 Freiwilligen Feuerwehren in Deutschland (Statistik DFV) in den kommenden Jahren und Jahrzehnten entscheidend verändern. 

Kommentar: Sven Buchenau
Feuerwehr-Magazin-Redakteur
Zugführer Freiwillige Feuerwehr

Die Reportage über die Freiwillige Feuerwehr Nenndorf findet Ihr in dieser Ausgabe 👇

PDF-Download: Feuerwehr-Magazin 10/2020

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Zusammenschlüsse allein um der Zusammenlegung Willen und mit der Kostenersparnis als Hauptmotiv können sicher nicht der richtige Weg sein.
    Ich halte es für eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, ein anderes Bewusstsein für die schnelle, effiziente Hilfe mit vielen Kräften zu sorgen. Wir sind rd. 83 Millionen Menschen in Deutschland. Kinder und Jugendliche, die ihre Zeit vor dem Bildschirm verbringen, Hausfrauen, die eine sinnvolle Nebenbeschäftigung und Aufgabe suchen und viele Menschen, die im Homeoffice tagesverfügbar sind, sind ein Schatz, den es zu heben gilt.
    Jeder Hausbesitzer muss sich endlich auch mal darüber im Klaren sein, daß seine Immobilie auch eine Brandlast ist. Wer Familie hat, muss sich darüber im Klaren sein, daß ausschließlich die Feuerwehren das schnell verfügbare Rettungsmittel in der Fläche sind. Helfen muss wieder selbstverständlich werden.

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  2. Das System wandelt sich, ja. Ich würde es aber eher Schadensbegrenzung nennen. In unserer Region mit vielen 6-10.000 Einwohner Orten, schafft es kaum eine Feuerwehr, ihre Einsätze alleine zu bearbeiten. Ja, man kann Feuerwehren zusammenlegen, aber das bekämpft doch nur die Symptome. Die Ursache ist doch vielmehr, dass sich niemand mehr engagieren will und das erst recht nicht im (m.E.) zeitintensivsten Hobby, nämlich der Freiwilligen Feuerwehr.

    Der Stand der Technik, die schlechten Neubeschaffungen von Fahrzeugen (MLF und co lassen grüßen) sowie undankbare Gemeinden tun dann ihr Übriges dazu.

    Summa summarum: Die Freiwillige Feuerwehr kann sich vielleicht durch diese „Optimierungen“ noch 15-20 Jahre am Leben halten, aber am Scheitern dieses Systems auf lange Sicht (30/40/50 Jahre) wird das in meinen Augen nichts ändern.

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  3. Leider wird dies von sogenannten Feuerwehrleuten gefördert die sich sehen und von der Politik geleidet werden . Das gemeinsame ist weck nur jeder selbst . Und ich bin der Meinung wen der Umgang mit der Feuerwehr so weiter geht gibt es bald keine freiwillige Feuerwehr mehr .

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  4. Die Mitwirkung in der FFW ist heute völlig anders, als noch zum Ende des 20. Jh. Dank Brandschutzkonzepten, Rauchwarnmelder und BS-Anlagentechnik sind Gebäude heute sicherer, Fahrzeuge und Gütertransporte sind wesentlich sicherer, ein Zimmerbrand ist daher heute schon ein seltener Großeinsatz, kreisweite Gefahrgutkonzepte wurden bereits zurückgefahren, die meisten VU haben ihren traumatischen Schrecken verloren dank intakter Fahrgastzellen…FFW-Angehörige sind heute Berufspendler > 30 min vom Wohnort (FFW-Standort) entfernt. Die Qualität echter Führungskräfte in der FFW lässt gleichsam nach, die bereits im Beruf als Unternehmer/ Führungskräfte tätigen FF-Mitglieder haben da nicht auch noch für Zeit, es bleibt für die Führung einer FFW nur noch die zweite Garde übrig, für die dann schon eine fast nicht erfüllbare Herausforderung ist, mit ausreichend Intellekt und Rhetorik den kommunalen Politikern und Verwaltungsebenen zur Durchsetzung der berechtigten FW-Interessen gegenüber zu treten. Ich selbst habe darum meinen FFW-Dienst nach 43 Jahren beendet. Zu meinem Bedauern denke ich, dass es in ca. 30 Jahren keine FFW mehr gibt, sondern das dänische oder niederländische Modell: Sachschadenversicherer-Feuerwehr (vgl. Falck ) oder semiberufliche Teilzeitkräfte (vgl. ). Euer Sachverständiger für vorbeugenden Brandschutz

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