Heute vor 34 Jahren:

Das Tankzugunglück von Herborn

Herborn (HE) – Es ist der 7. Juli 1987, gegen 21 Uhr. Ein fünfachsiger Tanklastzug mit 28.000 Liter Benzin und 6.000 Liter Dieselkraftstoff fährt auf der Bundesstraße B255 in Richtung Herborn (Lahn-Dill-Kreis). Auf der abschüssigen Straße kurz vor der Stadt versagt plötzlich die Betriebsbremsanlage des Mercedes 1635 S. Die Elektropneumatische Schaltung (EPS) hindert den 47-jährigen Fahrer daran, einen Gang einzulegen. So rauscht der Sattelzug nach Herborn rein. In einer Kurve versucht der Fahrer noch, den Lkw zu kontrollieren. Ohne Erfolg. Der Sattelzug prallt gegen ein Gebäude und kippt um – direkt vor einer gut besuchten Eisdiele.

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“Der Kraftstoff lief in dicken Strömen aus den zerfetzten Tanks, floss über die Straße und in die Kanalisation. Menschen flüchteten voller Panik weg vom Ort des Geschehens. Nach wenigen Minuten ging der Kraftstoff in Flammen auf”, beschreibt Jochen Maaß im Feuerwehr-Magazin 9/1987 das Szenario.

Gerade noch rechtzeitig retten Passanten den 47-Jährigen aus dem Fahrerhaus. Im nächsten Augenblick explodiert der Tanklastzug. Durch die Wucht der Explosion stürzen Häuserfassaden ein, die Flammen erfassen zahlreiche Gebäude. Zeugen berichten später, dass die Flamme aus dem Sattelzug zirka 40 Meter hoch gewesen sei. Insgesamt brennen zwölf Häuser komplett aus.

Die freiwillige Feuerwehr Herborn hat an diesem Abend Übungsdienst. So sind die ersten Einsatzkräfte schnell vor Ort. Aber ihnen bleiben bei diesem Inferno nur zwei Maßnahmen: Menschen aus dem Gefahrenbereich retten und eine weitere Brandausbreitung verhindern. Über die Kreisleitstelle in Dillenburg wird ein Großaufgebot an Rettungskräften alarmiert. “Aus Herborn und den umliegenden Gemeinden setzen sich Privatretter mit ihren Krankenwagen in Bewegung und transportieren einen Großteil der Verletzten in Krankenhäuser”, schreibt Maaß in dem Einsatzbericht. Unterstützung erhalten die Herborner sogar durch Kräfte der Feuerwehr Frankfurt am Main, auch Feuerwehrchef Ernst Achilles rückt mit aus.

Herborn sieht am nächsten Morgen aus wie nach einem Bombenangriff. 6 Tage dauert der Feuerwehreinsatz insgesamt, sechs Menschen sterben. 38 Personen werden zum Teil schwer verletzt. Über 500 Feuerwehrleute bergen, retten und löschen. Dabei hätte es gar nicht so weit kommen müssen. Schon der Werkstattleiter der Spedition wollte den Lkw an diesem Tag gar nicht auf Tour gehen lassen. Der Spediteur entscheidet dagegen. Dafür wird er später zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Der Fahrer erhält eine eineinhalbjährige Haftstrafe auf Bewährung: wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung, fahrlässiger Brandstiftung und fahrlässigem Herbeiführen einer Explosion. Als Auslöser werden verschlissene und überhitzte Bremsen sowie die wissentliche Inbetriebnahme des nicht verkehrssicheren Lkw festgestellt.

Weitere Einsatzberichte zu Unfällen mit Tanklastzügen:

Tanklastzug explodiert auf einem Campingplatz

Tarragona (Spanien) – Es ist sehr heiß am 11. Juli 1978 auf dem spanischen Campingplatz Los Alfaques an der Costa Daurada. Nach dem Mittagessen ruhen sich die miesten der rund 800 Gäste in ihren Zelten und Wohnwagen aus. Gleichzeitig steuert Lkw-Fahrer Francisco Ibernón seinen 38-Tonnen-Tanklastzug über die Staatsstraße N-340 Richtung Süden. Er fährt für das Unternehmen Cisternas Reunidas 23 Tonnen Propen (auch Propylen genannt, UN 1077) von der Raffinerie des Staatsunternehmens Enpetrol zu einem Raffineriekomplex in Zentralspanien.

Vermutlich um Maut zu sparen – die er aus eigener Tasche hätte bezahlen müssen – hat er sich für die Route entlang der Küste entschieden. Zudem ist sein Tankzug mit vier Tonnen des brennbaren Gases überladen. Somit gibt es über dem Flüssiggasspiegel keinen sogenannten füllungsfreien Raum, in den sich das Gas ausdehnen könnte. Die auf den Tank scheinende Sonne erwärmt den Inhalt. Genau um 14.35 Uhr auf Höhe der Begrenzungsmauer des Campingplatzes platzt der aus einem sprödbruchempfindlichen Stahl hergestellte Tank.

Das freigesetzte Flüssiggas verdampft sofort, die Gaswolke breitet sich über große Teile des Campingplatzes aus und entzündet sich an zahlreich vorhandenen Gaskochern. Die dabei entstehende Flammenfront verbrennt ein 40 mal 60 Meter großes Stück des Platzes zwischen Straße und Meer völlig. Gasbehälter an den Wohnwagen und Benzintanks der Autos geben ihren Inhalt frei und fachen das Feuer zusätzlich an. Auf dem mit 800 Menschen deutlich überfüllten Campingplatz werden der Francisco Ibernón und rund 140 Urlauber sofort getötet oder sterben auf dem Weg in ein Krankenhaus. Selbst direkt am Meer gibt es Opfer, einige der ins Wasser fliehenden Menschen ertrinken.

Nach dem Ablöschen des Feuers gleicht der spanische Campingplatz Los Alfaques einem Kriegsgebiet: ausgeglühte Autowracks, verkohlte Baumstümpfe und überall verbrannte Tote. Foto: Archiv FM

In der ersten Chaosphase bringen Anwohner und Urlauber die Verletzten in umliegende Kliniken. Nach Angaben einiger Zeugen dauert es 45 Minuten, bis endlich professionelle Hilfe eintrifft. In den folgenden Tagen und Wochen sterben 70 weitere Urlauber, unter ihnen Deutsche, Franzosen, Niederländer, Belgier und Schweizer. 217 Tote sollen es am Ende sein, und über 400 Verletzte. Durch die Explosion und das Feuer werden 45.000 Quadratmeter des Campingplatzes zerstört. Ein Teil des Tanks wird in einem 300 Meter entfernt stehenden Gebäude gefunden. Für die Identifikation der Toten wird die Identifizierungskommission des Bundeskriminalamtes eingesetzt.

Zwei für die Beladung des Tanklastwagens Verantwortliche werden 1982 wegen Fahrlässigkeit zu je einem Jahr Haft verurteilt. In einem anschließenden Zivilprozess werden sie 1982 und 1983 zusammen mit den Konzernen Cisternas Reunidas und Enpetrol zur Zahlung von Schadenersatz in einer Höhe von 2,2 Milliarden Peseten (138,23 Millionen Euro) verpflichtet.

Eine Tragödie mit Konsequenzen

Das Unglück von Los Alfaques hatte nicht nur weitreichende Folgen für die direkt Betroffenen. Hatten sich zuvor Politiker über das Thema “Transport gefährlicher Güter” keine Gedanken gemacht, wurde nun gehandelt. Nach einem Entwurf von Referatsleiter Dr. Fritz Gömmel beim Bundesminister für Verkehr wurden in der Gefahrgutverordnung Straße in Paragraph 12 die besonderen Anforderungen an den Fahrer eines Gefahrguttransportes aufgenommen. Gleichzeitig wurden zusätzliche Schulungen verpflichtend. Dies war bereits vor dem Unglück angedacht gewesen, aber nicht für besonders notwendig befunden worden.

In Spanien erließ das Kabinett nicht mal einen Monat später einen Erlass, der Fahrzeugen mit explosionsgefährlichen Stoffen an Bord das Fahren auf öffentlichen Straßen nur noch zu bestimmten Zeiten erlaubte. Und die Wirtschaftskommission für Europa (ECE WP.15) setzte sich dafür ein, sprödbruchempfindliche Stähle (so genannter T1-Stahl, wie bei dem Unfallfahrzeug) zu verbieten.

Umfangreiche Bergungsmaßnahmen am Hang

Ende August 2016 war ein 20 Tonnen schwerer Lkw im oberösterreichischen Gaflenz (Steyr-Land) von einer Forststraße abgekommen. Der vierachsige Kipplaster stürzte rund 10 Meter einen steilen Abhang hinunter. Für die Feuerwehr begann eine zeitaufwändige und komplizierte Bergung mit mehreren Kranfahrzeugen.

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Ein Lkw ist im Wald einen steilen Abhang hinuntergestürzt. Die Feuerwehr leuchtet die Einsatzstelle während der Bergung aus. Foto: Feuerwehr Steyr/Technischer Zug

Um 16.04 Uhr wurde der Technische Zug der Freiwilligen Feuerwehr Steyr als Unterstützung für die Gaflenzer Einsatzkräfte alarmiert. Die Anfahrt des Kranfahrzeugs, des Rüstwagens sowie des Begleitfahrzeugs dauerte eine Stunde. Hinzu kam eine Spezialfirma mit einem zweiten Kranfahrzeug.

Zwischen zwei Bäumen verkeilt war der Lkw auf dem Dach liegengeblieben. Weil sich der Fahrer nur leicht verletzt hatte, konnte er die Fahrerkabine selbstständig verlassen, sodass der bereits eingetroffene Rettungshubschrauber nicht benötigt wurde. Ein Rettungswagen fuhr den Lkw-Fahrer in ein Krankenhaus.

Vor der Bergung pumpten Einsatzkräfte vorsorglich den Treibstoff aus dem Tank des Unfallfahrzeugs. Außerdem baute die Feuerwehr eine umfangreiche Beleuchtung auf, weil absehbar war, dass die Bergung mehrere Stunden in Anspruch nehmen würde. Parallel hierzu begann ein Baggerfahrer damit, die Forststraße zu verbreitern, damit die schweren Bergegeräte in Stellung gebracht werden konnten.

Um 19.30 Uhr konnten schließlich mehrere Stahlseile am Lkw-Unterboden angeschlagen werden. Zum Anziehen nutzte die Feuerwehr die 20-Tonnen-Winde ihres Kranfahrzeugs sowie drei weitere Winden des Spezialfahrzeuges der Bergefirma. Stück für Stück und nach mehrmaligem Neuanschlagen der Winden konnte die Feuerwehr den Lkw gegen Mitternacht wieder auf die Straße stellen. Anschließend schleppte die Spezialfirma den Lkw ab. Um 1.30 Uhr war der Einsatz für die 43 Kräfte beider Feuerwehren beendet.

 Mainz versinkt im CO2-Nebel

Ganze Straßenzüge der Mainzer Innenstadt versanken am 22. Dezember 2015 in einem weißen Schleier. Was auf den ersten Blick sehr idyllisch aussah, war eigentlich tiefkalt verflüssigtes Kohlendioxid (CO2). Die Folge: Ein aufwendiger Gefahrguteinsatz für die Feuerwehr.

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Kohlendioxid zieht durch die Straßen. Foto: HessennewsTV / Geise

Um 12.45 Uhr alarmierte die Leitstelle die Feuerwehr. An einem Tanklastzug, der zirka 21 Tonnen des verflüssigten Kohlendioxids gelagert hatte, trat das Gas unkontrolliert aus. Den Einsatzkräften gelang es schnell, den Austritt zu stoppen. Allerdings nur vorübergehend, denn kurze Zeit später entströmte das CO2 erneut unkontrolliert aus dem Tank. Durch starke Vereisungen an den Armaturen rund um die Austrittsstelle und Sichtbehinderungen durch den CO2-Nebel gestaltete sich das Abdichten schwierig.

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Feuerwehrleute mit Atemschutz. Foto: Berufsfeuerwehr Mainz

Messungen der Feuerwehr ergaben stark erhöhte Kohlendioxid-Konzentrationen auf einem angrenzenden Weihnachtsmarkt. Dieser musste in Teilen vorübergehend geschlossen werden. Darüber hinaus räumte die Feuerwehr einzelne Gebäude im Umkreis der Austrittsstelle.

Um kurz nach 15.00 Uhr gelang es endgültig, die Leckage abzudichten. Die Berufsfeuerwehr Mainz war bis dahin mit 60 Kräften im Einsatz. Die Wachen der Berufsfeuerwehr wurden im Einsatzzeitraum durch die freiwillige Feuerwehr der Stadt besetzt.

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Vereisungen im Bereich der Leckage. Foto: Berufsfeuerwehr Mainz

Messungen der Feuerwehr ergaben auch weiterhin stark erhöhte CO2-Werte in den umliegenden Gebäuden. Somit war ein Teil der Feuerwehr bis in den späten Abend mit der Belüftung der Gebäude beschäftigt.

Fahrer verbrennt in seinem Pkw

Am 8. Oktober 2010 ereignete sich ein tödlicher Unfall auf der Bundesstraße 6 zwischen Eggenstein-Leopoldshafen und Linkenheim-Hochstetten (Kreis Karlsruhe). Ein Pkw-Fahrer stieß frontal in einen Tanklastzug und verbrannte in seinem Fahrzeug.

Gegen 2.00 Uhr geriet ein Pkw aus bislang ungeklärter Ursache in den Gegenverkehr. Dort stieß er frontal mit einem entgegenkommenden Kraftstoff-Lkw zusammen. Durch die heftige Kollision wurde der Pkw von der Fahrbahn geschleudert. Er durchbrach einen Wildzaun, überschlug sich mehrmals und landete erst einige Meter weiter auf dem Dach. Sekundenschnell ging das Fahrzeug in Flammen auf. Der Pkw-Fahrer verbrannte in dem Wrack.

Die angerückten Einsatzkräfte von der Feuerwehr konnten ihn erst nach den Löscharbeiten bergen. Die Einsatzstelle erstreckte sich aufgrund der umhergeflogenen Trümmer auf etwa 100 Meter. Durch den Aufprall wurde die Vorderachse aus dem Lkw gerissen, der Tanklastzug rutschte in einen Graben neben der Fahrbahn. Der Lkw-Fahrer erlitt einen Schock und musste vom Rettungsdienst versorgt werden. Die 34.000 Liter Kraftstoff wurden umgepumpt.

An der Unfallstelle waren ein Notarzt, zwei Rettungswagenbesatzungen sowie die freiwilligen Feuerwehren aus Linkenheim und Leopoldshafen im Einsatz. Die Polizei hat die Ermittlungen zur Unfallursache aufgenommen.

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