Fotografieren verboten

Feuerwehr in Algerien

Ein Jahr war Timm Falkowski beruflich in Algerien, wollte in der Freizeit für uns Feuerwehrfahrzeuge ablichten. Keine Chance. Streng verboten. Doch er hat zu Feuerwehr und Rettung in Algier trotzdem einiges zu erzählen.

12 Monate lang habe ich in Algeriens Hauptstadt Algier gelebt, gearbeitet und meine Freizeit verbracht. Ich durfte eintauchen in eine andere Welt – gespickt mit neuen Eindrücken, spannenden Situationen und Begegnungen. Als Feuerwehrinteressierter war es keine Frage, dass ich auch die Feuerwehr kennenlernen wollte.

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Algerien ist der größte Flächenstaat Afrikas. Der Hauptteil der Bevölkerung lebt an der Mittelmeerküste, da der größte Teil des Landes Saharagebiet ist. Seit den 1830ern und bis zum Jahr 1962 war Frankreich Kolonialmacht. Diese Zeit hat bis heute Spuren hinterlassen. Dazu zählt die Sprache, aber auch Infrastruktur sowie Feuerwehr- und Rettungswesen sind französisch geprägt. So gibt es in Algier neben den Pompiers, die sich als reine Brandschützer verstehen, auch die Protection Civile. Diese nehmen zusätzlich Aufgaben im Bereich der Technischen Hilfeleistung und des Rettungsdienstes wahr.

Mein Ziel war es, eine Wache der Pompiers oder der Protection Civile zu besuchen. Ich wollte gerne Fahrzeuge, Ausrüstung, Schutzausrüstung und die Kräfte selbst fotografieren. Schwer zu glauben, aber das war leider nicht zu machen. Beide Bereiche sind staatlich organisiert und Besuche unterliegen strengen Regeln. Jegliches Fotografieren von staatlichen Einrichtungen wie Polizeiwachen, Regierungsgebäuden, Wohnsitzen der Politiker, militärischen Stützpunkten und auch der Standorte von Pompiers sowie Protection Civile wird mit hohen Strafen belegt. Jedes Gebäude wird von uniformierten und zivilen Kräften bewacht. Allein beim Zücken der Kamera oder des Smartphones wurde ich sofort auf das Verbot hingewiesen.

Einblicke ins Feuerwehr-Museum

Nach einigen Monaten bekam ich dann den Tipp: Algier hat ein Feuerwehr-Museum. Und es darf darin auch noch fotografiert werden. Das Museum ist in der Hauptwache der Protection Civile untergebracht. So konnte ich doch noch ein wenig hinter die Kulissen gucken, aber nicht knipsen. Die Mauern der Eingangsbereiche aller Wachen sind übrigens mit sehr ansprechenden Gemälden und Graffitis geschmückt, die sowohl Fahrzeuge als auch Einsatzszenarien zeigen.

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Am Eingang zur Wache hieß es Ausweis abgeben. Ein Feuerwehrmann begleitete mich dann bis zum Museum. Dort nahm mich ein Mitarbeiter in Empfang. Mit einem Mix aus Arabisch, Französisch sowie ein paar Worten Englisch seinerseits sowie Englisch, wenig Französisch und drei Worten Arabisch meinerseits versuchten wir, uns zu verständigen. Am Rande sei erwähnt, dass Deutsche in Algier ein hohes Ansehen genießen. Einer Spezialführung durchs Museum stand somit nichts mehr im Weg.

Die Ausstellung ist klein, aber fein. Auf dem Außengelände stehen eine alte Renault-Pumpe, zwei Einsatzfahrzeuge aus den 1920ern und ein Pferdegespann. Zahlreiche Ausstellungsstücke prägen den kleinen Raum im Gebäude. Und ganz offensichtlich mit sehr viel Stolz arrangiert. Jede Sparte der Protection Civile hat ihren kleinen Bereich: Rettungsdienst, Taucher, Technische Hilfe und Brandbekämpfung.

Ausgestellt sind Uniformen aus verschiedenen Epochen, unterschieden in Einsatz- und Tagesdienst sowie für repräsentative Zwecke. Hingucker sind die Helme, hier besonders die auf Hochglanz polierten Exemplare aus der Kolonialzeit. Bei allen Exponaten ist die Nähe zu Europa, insbesondere Frankreich, deutlich zu erkennen.

In mehreren Vitrinen haben die Kameraden sehr detailliert einige Einsatzszenarien dargestellt. Neben Waldbränden sind insbesondere Erdbeben eine große Herausforderung für die Rettungskräfte. Starke Erdbeben liegen zwar schon einige Zeit zurück, aber die Erde bewegt sich hier häufiger. Ich selbst spürte in dem einen Jahr zwei leichte Beben.

Algerien ist ein islamisches Land, das sich aber dennoch schon in der Vergangenheit sehr offen und tolerant gezeigt hat. Dies wird auch daran deutlich, dass Frauen in den Hilfsdiensten und der Polizei kein Tabu sind. Den Frauen wird im Museum sogar ein eigener Bereich gewidmet. Als mir dieser Bereich vorgestellt wurde, habe ich auch nach der Jugendfeuerwehr gefragt. Da erntete ich jedoch fragende Blicke.

Von wegen Rettungsgasse

Beeindruckt hat mich die große Plastik eines Skorpions. Ich dachte, es sei eine Art Maskottchen. Weit gefehlt. In Algerien ster-ben jährlich sehr viele Menschen durch Skorpion-Stiche. Die Protection Civile hat sich daher Aufklärung und Bekämpfung die-ser Todesursache auf die Fahnen geschrieben. Zum Abschluss des Rundgangs überreichte mir der Mitarbeiter Ärmelabzeichen der aktuellen Einsatzuniform.

Selbst Einsätze und Einsatzfahrten habe ich in den 12 Monaten kaum gesehen. Dabei hätte ich gerne beobachtet, wie sich die Feuerwehrfahrzeuge mit Alarm durch den Verkehr arbeiten. An sowas wie eine Rettungsgasse ist hier nicht zu denken. Algiers Straßen sind total überfüllt. Auf drei Fahrbahnen rollt der Verkehr häufig fünfspurig.

Ich selbst habe einmal den Rettungsdienst verständigen müssen, da eine Person nach einem Sturz eine schwere Kopfverletzung hatte. Der Rettungswagen, übrigens top modern ausgestattet, hat geschlagene 43 Minuten gebraucht. Obwohl die nahe gelegene Rettungswache bei komplett freier Fahrt nur rund 5 Minuten entfernt ist.

Text: Timm Falkowski, Feuerwehr Kaköhl-Blekendorf (SH)

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