Fahrzeug-Kult aus dem Osten

Der IFA in der Feuerwehr

Die Standardfahrzeuge der Feuerwehr in der DDR baute die Feuerlöschgeräteindustrie vorrangig auf einheimischen Fahrgestellen aus dem IFA-Kombinat auf. Trotz starker Vereinheitlichung bei den Feuerwehren war das Spektrum der Einsatzfahrzeuge sehr vielfältig.

Tanklöschfahrzeug TLF 15 auf einem IFA G5 des VEB Kraftfahrzeugwerks Werdau der Feuerwehr Spremberg von 1953. Foto: Preuschoff

Von Beginn an zentral beschafft und zugeteilt, bei den Fahrgestellen und Aufbauten auf wenige Typen beschränkt, so lautet die landläufige Meinung zum Thema Feuerwehrfahrzeuge in der DDR. Mit dem zeitlichen Abstand von 29 Jahren nach der Wiedervereinigung zeigt sich, dass die Auswahl der Einsatzfahrzeuge etwas breiter gefächert war, als gemeinhin angenommen. Aber nahezu in Monopolstellung wurden die Fahrzeuge durch den Industrieverband Fahrzeugbau (IFA) gefertigt – fast 45 Jahre lang.

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Industrieverband Fahrzeugbau

Auf Befehl der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) wurden die enteigneten Betriebe im Osten Deutschlands in insgesamt 65 Industrie-Verwaltungen zusammengefasst. Damit sollte der Einfluss der SMAD und später der Landesregierungen auf die Produktion, von der Entwicklung über die Materialsicherung bis zum Absatz, gesichert werden.

Aus 18 westsächsischen Betrieben, die Straßenfahrzeuge herstellten, entstand am 1. Juli 1946 die „Industrieverwaltung 19 Fahrzeugbau“ mit Sitz in Chemnitz – in Dresden die für Ostsachsen und in Leipzig eine für das übrige Sachsen. Sie wurden schon 1947 wieder aufgelöst und deren Betriebe nach Konstituierung der Deutschen Wirtschaftskommission am 1. Juli 1948 als IFA Vereinigung Volkseigener Fahrzeugwerke der gesamten Sowjetischen Besatzungszone zusammengefasst.

Ende der 1940er Jahre erfolgte im Zuge der staatlichen und wirtschaftlichen Zentralisierung die Gründung von „Vereinigungen Volkseigener Betriebe (VVB)“. Die IFA Vereinigung Volkseigener Fahrzeugbau wurde 1951 und die VVB Kraftfahrzeugteile 1953 wieder aufgelöst beziehungsweise durch die staatliche Hauptverwaltung ersetzt. 1958 entstand in Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) eine neue VVB Automobilbau.

Ende der 1960er Jahre vollzog die Staats- und Parteiführung der DDR die Überführung des VVB in eine Kombinatsstruktur. Obwohl sich der Fahrzeugbau entsprechend der Produktionspalette (zum Beispiel Lkw, Pkw, Busse, Motor- und Fahrräder, Motoren, Traktoren, Anhänger sowie Zubehör) in mehrere Kombinate gliederte, wurde das Kürzel IFA allen Kombinatsnamen vorangestellt. Damit sollte die Wirtschaft im Regierungsauftrag vor allem international ein einheitliches Erscheinungsbild mit hohem Wiedererkennungswert abgeben. Vermutlich war dies auch eine Folge der verloren gegangenen internationalen Markenrechts-Auseinandersetzungen.

Drehleiter (DL) 25 der Feuerwehr Torgau, Baujahr zirka 1965, vom VEB Löschgerätewerk Luckenwalde. Foto: Patzelt

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1945 herrschte auch in der technischen Ausrüstung der Feuerwehren und der Feuerlöschgeräteindustrie ein Chaos. In der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und späteren DDR wurde der Neubeginn zudem durch Demontagen und Reparationen belastet. Nach der Teilung Deutschlands verblieben dort nur drei namhafte Feuerlöschgerätehersteller: Fischer in Görlitz (SN), Flader in Jöhstadt (SN) und Koebe in Luckenwalde (BB). Neben Demontage, Enteignung und Überführung in die Volkseigenen Betriebe (VEB) verhinderten fehlende Rohstoffe und vor allem fehlende Fahrgestelle die Produktion neuer Feuerwehrfahrzeuge.

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So galt es erstmal, alte Fahrzeuge zu reparieren, umzubauen und mit neuen Aufbauten zu versehen. Ende der 1940er Jahre wurden dann wieder einige Löschfahrzeuge (LF) neu gefertigt. Ab 1949 nach der Wiederaufnahme der Fahrzeugproduktion im Phänomen-Werk in Zittau entstanden Einsatzmittel nach dem Vorbild des Leichten Löschgruppenfahrzeuges (LLG). Als Fahrgestell dienten Granit 1500 oder Granit 27. Für die Sowjetarmee und die Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft (SDAG) Wismut wurden die ersten LF 15 und Tanklöschfahrzeuge (TLF) 15 in Jöhstadt und Luckenwalde auf den russischen Lkw-Fahrgestellen ZIS 150 und Gaz 51 aufgebaut.

Standard-Kran der Feuerwehren in der ehemaligen DDR: der ADK 15. Dieses Fahrzeug nutzte die Berufsfeuerwehr Potsdam auch noch viele Jahre nach der Wende. Foto: Hegemann

Nach dem Krieg waren die Feuerwehren kurzzeitig kommunal organisiert. Ende der 1940er Jahre wurde der Brandschutz zentralisiert. Die Hauptabteilung Feuerwehr (HAF) im Ministerium des Innern (MdI) bestimmte fortan Entwicklung, Bau und Zuteilung von Feuerwehrfahrzeugen. Anfang der 1950er Jahre entstand in der DDR eine eigene Fahrzeugindustrie. Mit Einführung der Normung 1953 war der Weg für eine Typenbereinigung geebnet. Das kam der Ausbildung zugute. Im Werk in Görlitz wurden nur noch Kleinlöschfahrzeuge (KLF) und LF 8 sowie Anhänger hergestellt. In Jöhstadt konzentrierte sich die TLF-Produktion und Luckenwalde zeichnete für die mittleren Lösch- und Sonderfahrzeuge verantwortlich. Dieser Konzentrationsprozess fand 1965 mit dem Wechsel der TLF-Produktion von Jöhstadt nach Luckenwalde seinen Abschluss.

Jöhstadt blieb die Herstellung aller Feuerlöschpumpen und Tragkraftspritzen. Die drei Feuerlöschgerätewerke waren im Rahmen des planwirtschaftlichen Wirtschaftssystems zudem unterschiedlichen Industrievereinigungen und Kombinatsbetrieben zugeordnet. Dort spielten die Belange der Feuerlöschgerätebauer eine untergeordnete Rolle. In der Feuerwehrfahrzeug-Produktion musste improvisiert werden. Weitere Probleme: Die Auswahl der in der DDR hergestellten Fahrgestelle war nicht sehr groß. Außerdem wurden nicht ausreichend Fahrgestelle für den Aufbau von Einsatzfahrzeugen bereitgestellt.

Die echten IFAs sieht man leider immer seltener im Einsatzdienst. Aber beim Modellhersteller EsPeWe im Vertrieb von Busch gibt es noch genügend Varianten im Maßstab 1:87 (H0). Foto: Preuschoff
Das LF 16-TS auf IFA W 50-L der Feuerwehr Torgau ist noch komplett einsatzbereit. Das Fahrzeug wird von der Jugendfeuerwehr für die Ausbildung genutzt. Foto: Patzelt

Nur wenige West-Fahrzeuge in der DDR

Trotz der strengen Auflagen der Fahrzeugzuteilungen schafften es einige wenige Fahrzeuge aus Westdeutschland in die Feuerwehr-Fuhrparks der DDR. Dazu zählen zum Beispiel:

  • Krupp-Leiter DL 52 von der Firma Metz für Ostberlin von 1956,
  • das Magirus FLF für den Flughafen Schönefeld von 1958,
  • der Gelenkmast Bronto Skylift 33-2T1 auf Mercedes 2626 des Betriebsfeuerwehr-Kommandos im PCK Schwedt/Oder von 1987.

Alter Schatz: TLF 16/26 der FF Peenemünde

Peenemünde (MV) – Ein Alter Schatz ist mit dem TLF 16/25 auf IFA W 50 LA aus dem Jahr 1989 im neuen Feuerwehrhaus der FF Peenemünde im Kreis Vorpommern-Greifswald untergestellt. Aufgebaut wurde das Fahrzeug in den volkseigenen Betrieben (VEB) in Luckenwalde. Das TLF ist eines der letzten IFA-Tanklöschfahrzeuge, die nach der Wende in die Auslieferung kamen.

Dieses TLF 16/25 auf IFA W50 LA gehört der FF Peenemünde. Es soll demnächst außer Dienst gestellt und durch ein HLF 20 ersetzt werden. Foto: Köhlbrandt

Das 125 PS starke Fahrzeug besitzt ein 6-Gang-Schaltgetriebe und ist voll geländegängig. 2.500 Liter Wasser werden im Fahrzeugtank mitgeführt. Damit ist das TLF rein für die Brandbekämpfung ausgerichtet, Utensilien für Technische Hilfeleistungen sind nicht im Fahrzeug verstaut. Auf dem Dach ist ein markanter Schaum-Wasser-Werfer aufgesetzt. Dieser war bei vielen Wald- und Flächenbränden im Sommer vergangenen Jahres eine große Hilfe für die Einsatzkräfte. Dennoch ist das Ende des TLF allerdings schon greifbar: Derzeit laufen die Ausschreibungen für ein HLF 20 als Ersatz.

Löschgruppenfahrzeug auf IFA W50 L von 1976

Ostseebad Göhren (MV) – Im Jahr 1976 wurde der “Alte Schatz” der FF Ostseebad Göhren (Kreis Vorpommern-Rügen) auf Rügen gebaut: ein LF 16 TS 8, basierend auf einem IFA W50 L. Der Aufbau stammt vom VEB Feuerlöschgerätewerk Luckenwalde.

Löschgruppenfahrzeug Feuerwehr IFA W50
Dieses LF 16 TS 8 auf IFA W50 L aus dem Jahr 1976 nutzt die FF Göhren noch im Einsatzdienst. (Bild: Matthias Köhlbrandt)

Im Nordosten der Insel versieht der Oldie immer noch zuverlässig seinen Einsatzdienst. „Der W50 fährt im zweiten oder dritten Abmarsch bei größeren Einsätzen mit und leistet uns gute Dienste“, betont Göhrens Wehrführer Tom Schülke. Seit 1982 ist das 125 PS starke Fahrzeug bei der FF Göhren stationiert. Vorher stand es bei der FF Bergen auf Rügen im Einsatzdienst. 2000 wurde das LF generalüberholt und neu lackiert.

Im Aufbau befinden sich jeweils drei Geräteräume auf beiden Seiten und einer am Heck. Als Verschlüsse dienen nicht Rollläden, sondern Klapptüren. Das Fahrzeug besitzt zwei jeweils 200 l fassende Löschwassertanks. Einer davon war früher mit Schaummittel gefüllt. Um an der Einsatzstelle mehr Wasser zur Verfügung zu haben, funktionierte die Feuerwehr den Tank um. An Bord sind außerdem eine Feuerlöschkreiselpumpe 16/8 und eine TS 8/8 Jöhstadt ZL 1500.

Noch ohne Servolenkung: Blick auf den Maschinistenplatz. (Bild: Matthias Köhlbrandt)

Auf dem Dach lagern die A-Saugschläuche in den charakteristischen schwarzen Halterungen an beiden Fahrzeugseiten. Zudem sind dort eine dreiteilige Schiebleiter und eine vierteilige Steckleiter aus Holz verlastet. Ein Erlebnis der besonderen Art bietet der Fahrerplatz: Das große, zweispeichige Lenkrad muss der Maschinist mangels Servo-Unterstützung mit purer Muskelkraft bewegen. Knöpfe, Hebel und Schalter wirken aus heutiger Sicht ausgesprochen schlicht.

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